Themenportal „Europäische Geschichte“ (18.-21. Jh.): Newsletter 10/2015

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Siegrist, Hannes - Universität Leipzig

Themenportal Europäische Geschichte

Liebe Leserinnen und Leser von H-Soz-Kult,

nachfolgend finden Sie eine Aufstellung der im September 2015 neu ins Themenportal Europäische Geschichte eingestellten Artikel, Essays, Materialen und Quellenauszüge.

Essays und Artikel:

Musekamp, Jan: Friedrich List, die Eisenbahn, das Militär und Europa.
Abstract:
„Noch niemals sind den Regierungen in Deutschland so viele Mittel dargeboten worden, das ganze Territorium auf eine Weise in Verteidigungszustand zu setzen, die mit dem gesellschaftlichen Verkehre so sehr im Einklange steht und demselben einen neuen Aufschwung gibt. Statt daß jede Vermehrung der Streitmacht, bei welcher die bewegende Kraft eine Hauptrolle spielt, in der Regel eine Vermehrung der Staatsausgaben zu Folge hat, findet diesmal beinahe das Gegenteil statt, und es ist gewiß nicht zuviel gesagt, wenn wir behaupten, daß seit Erfindung der Buchdruckerkunst sich nichts zugetragen habe, was der durch Eisenbahnen und Dampfwagen erzeugten Beschleunigung und Erleichterung des öffentlichen Verkehrs rücksichtlich der Folgen an die Seite gesetzt werden könnte.“
Dieses Zitat des deutschen Volkswirts und Politikers Friedrich List von Mitte der 1830er-Jahre macht die zwei Hauptargumente der Befürworterinnen und Befürworter des Baus von Eisenbahnen deutlich, nämlich wirtschaftliche und militärische. Überraschenderweise kommt List im Laufe seiner Abhandlung zu dem Schluss, dass gerade die letztere Bedeutung zu einem friedlichen, zusammenwachsenden Europa führen müsse. So ermögliche ein gut ausgebautes Eisenbahnsystem nicht nur eine schnelle und relativ kostengünstige Mobilisierung von Truppen im Kriegsfall, sie führe auch zu einer schnellen Demobilisierung. Im Ergebnis würden nationale Eisenbahnsysteme, die von den wirtschaftlichen, politischen und militärischen Zentren europäischer Staaten ausgehen, einen Angriffskrieg völlig unmöglich machen, da die Eisenbahnsysteme auch eine effektive Verteidigung ermöglichen. List versteht deshalb Eisenbahnsysteme zunächst als „Kriegsmilderungs-“, dann als „-abkürzungs- und -verminderungsmaschine” und schließlich als „eine Maschine, die den Krieg selbst zerstört“. Diese Ansichten sind nur vor dem Eindruck der zwischen 1789 und 1815 tobenden europäischen militärischen Auseinandersetzungen zu verstehen, die List – geboren 1789 in Reutlingen – als Heranwachsender unmittelbar miterlebte. Der starke Wunsch nach einem friedlichen Europa, aber auch einem von List vertretenen politischen und wirtschaftlichen Zusammenwachsen Deutschlands wiederum ist vor dem Hintergrund der Zeit zahlreicher klein- und mittelgroßer deutscher Staaten zu verstehen. ….
In: Themenportal Europäische Geschichte (2015), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2015/Article=735>.

Tworek, Heidi: Der Weltverkehr und die Ausbreitung des Kapitalismus um 1900.
Abstract:
„Die Welt am Ende des 19. Jahrhunderts steht unter dem Zeichen des Verkehrs.“ meinte der deutsche Kaiser Wilhelm II. im Oktober 1991zum 60. Geburtstag des Staatsekretärs des Reichspostamts von Stephan. Genauso wie Kaiser Wilhelm II. waren viele Deutsche um 1900 von der überragenden Wichtigkeit des Verkehrs überzeugt. Das Wort Verkehr vereinte damals drei verschiedene Bedeutungen in sich. Denn es bezeichnete sowohl Verkehrsmittel im Sinne von Transport nach der heutigen Wortbedeutung als auch Kommunikation und Handel. Um 1900 begriffen die Deutschen Verkehr als ein weltweites Phänomen. Sie betrachteten ihn weniger im nationalen Kontext, sondern betonten die globalen und grenzüberschreitenden Zusammenhänge. Um 1900 war nicht nur von Verkehr, sondern auch von Weltverkehr die Rede.
In deutschsprachigen Publikationen um 1900 erschienen zunächst abwechselnd die Begriffe Weltverkehr und Weltwirtschaft. Ab 1900 bevorzugten viele Autoren das Konzept der Weltwirtschaft, das den Blick vollkommen auf die Ökonomie verlagerte und den vieldeutigen Begriff des Weltverkehrs immer mehr in den Hintergrund drängte. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs aber gab es eine rege wissenschaftliche Diskussion über die Verflechtung von Kommunikationsmitteln und Handelsbeziehungen.
Der Begriff des Weltverkehrs erfuhr zunächst Mitte des 19. Jahrhunderts eine Konjunktur, als das erste Unterseekabel 1850 zwischen Dover und Calais gelegt wurde. 1866 kam das erste erfolgreiche transatlantische Unterseekabel hinzu. Daraufhin verbreitete sich rasch ein Kabelnetz um die Welt. Im Jahr 1903, nach der erfolgreichen Verkabelung des Pazifiks, lagen ungefähr 406.000 Kilometer Unterseekabel auf dem Grund der Weltmeere. ….
In: Themenportal Europäische Geschichte (2015), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2015/Article=737>.

Materialien und Quellenauszüge:

List, Friedrich: Deutschlands Eisenbahnsystem in militärischer Beziehung (1834-1836). In: Themenportal Europäische Geschichte (2015), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2015/Article=736>.

Roscher, Max: Über das Wesen und die Bedingungen des internationalen Nachrichtenverkehrs. In: Themenportal Europäische Geschichte (2015), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2015/Article=738>.

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Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Hannes Siegrist (Leipzig), Sprecher des Herausgeberkollegiums

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