Themenportal „Europäische Geschichte“ (18.-21. Jh.): Newsletter 11/2012

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Siegrist, Hannes - Universität Leipzig

Themenportal Europäische Geschichte

Liebe Leserinnen und Leser von H-Soz-Kult,

nachfolgend finden Sie eine Aufstellung der im Oktober 2012 neu ins Themenportal Europäische Geschichte eingestellten Artikel, Essays, Materialen und Quellenauszüge.

Essays und Artikel:

Kümmel, Verena: Gruppenbild mit Leiche. Wie die Resistenza den Tod Mussolinis in einer Ausstellung präsentierte.
Abstract:
„Der letzte Brief – der letzte Platz – die letzte Menschenmenge Mussolinis“ steht auf Französisch auf der Tafel einer Wanderausstellung, mit der die Resistenza ab 1946 ihre Verdienste international propagierte. Den Hintergrund der hier gezeigten Tafel bildet eine vergrößerte schwarzweiße Fotografie, über dem Schriftzug ist ein liniertes Blatt mit einer handschriftlichen Notiz reproduziert worden. Weder der Text noch das Foto erschließen sich auf den ersten Blick. Auch auf den zweiten Blick vermag man in der dichtgedrängten Menschenmenge im Hintergrund nur wenige Details zu erkennen. Vor allem Mussolini, den der gedruckte Text ankündigt, ist nicht leicht auszumachen. Seine Unterschrift auf dem kurzen Brief lässt sich erahnen. Doch was hat es mit dem Platz und der Menschenmenge auf sich?
Brief und Schriftzug wurden auf die rechte Hälfte der Bildtafel montiert. Die linke Hälfte blieb frei und so erkennt man, dass sich die Menschen auf der Abbildung um etwas auf dem Boden drängen. Im Bildvordergrund mit dem Rücken zur Kamera stehen einige Personen mit geschulterten Gewehren. Bei den Objekten auf dem Boden, denen die Aufmerksamkeit der Umstehenden gilt, handelt es sich um menschliche Körper. Genauer, um die sterblichen Überreste Mussolinis, seiner Geliebten und einiger hoher Funktionsträger des Faschismus, die am 28. April 1945 in Dongo erschossen und am 29. April 1945 in Mailand auf dem Piazzale Loreto der Bevölkerung präsentiert wurden. Geht es heute um diese Ereignisse bei Kriegsende, werden meist Bilder des kopfüber an den Füßen aufgehängten Mussolinis gezeigt. Doch aus den verfügbaren Bildern wählten die Ausstellungsmacher eine andere Szene desselben Tages aus.[4] Hier nimmt die Menschenmenge den meisten Raum ein, während die Faschisten kaum zu identifizieren sind. Einzig Mussolinis markanter Kopf ist auf der linken Seite etwas unterhalb der gedachten Mittellinie deutlich, zwischen zwei Männern hindurch, zu erkennen. ....
In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=574>.

Aus dem Band „Kultur und Beruf in Europa“, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2012:

Löhr, Isabella; Middell, Matthias: Kultur als Beruf in Europa. Perspektiven aus Kunst, Kultur und Wissenschaft.
Abstract:
Was ist ein Künstler, welche Rolle und Funktionen nehmen die Angehörigen der sogenannten Wissensberufe in der Gesellschaft ein und wie kann man den kulturell und wissenschaftlich gebildeten Laien vom professionellen Kulturschaffenden unterscheiden? Auf diese Fragen eindeutige Antworten zu finden, scheint am Beginn des 21. Jahrhunderts noch komplizierter geworden zu sein als ein Jahrhundert zuvor. Die weitere Ausdifferenzierung von Tätigkeiten in Kultur- und Wissensproduktion scheint unaufhaltsam und zugleich in wachsendem Maße instabil zu sein. Gegenüber den Versuchen einer institutionalisierten Verberuflichung stellen sich besonders die Kulturberufe mit Klagen über Prekarisierung und Seiteneinsteigern als flüchtig dar. Strittig ist, ob dies einfach nur Trends fortsetzt, die zu früheren Zeitpunkten ebenfalls zu beobachten waren, oder ob aus verschiedenen Gründen Diskontinuität vorherrscht. Wie Hannes Siegrist gezeigt hat, verband sich mit der Entstehung von Professionen eine „Systematisierung des Wissens und die Formalisierung von Ausbildung und Berechtigung, sowie die qualifikationsmäßige Homogenisierung der Berufsangehörigen“.[2] Dabei untermauerten die Angehörigen der freien und der Bildungsberufe die Legitimität dieses Anspruchs, indem sie sich als Berufsgruppe sozial organisierten, sich als Experten von den Laien abgrenzten, ihre Ansprüche auf politischer Ebene vertraten und auf eine Institutionalisierung dieser Ansprüche mit dem Ziel hinwirkten, kollektive Autonomie sowohl in der Regelung der Beziehungen innerhalb der Berufsgruppe als auch im Verhältnis nach außen herzustellen. ….
In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=567>.

Kocka, Jürgen: Kultur und Technik. Aspirationen der Ingenieure im Kaiserreich.
Abstract:
Die Klage über ihre soziale Unterschätzung war unter deutschen Ingenieuren an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert weit verbreitet, jedenfalls ihre Sprecher und Funktionäre ließen daran keinen Zweifel. Vor dem Nürnberger Bezirksverein Deutscher Ingenieure hat das Wilhelm Franz, Maschinenbauprofessor an der Technischen Hochschule (TH) Charlottenburg, 1908 bündig vorgetragen. Im Gegensatz zur wachsenden Bedeutung der Technik für Kultur und Gesellschaft seien die „Intellektuellen der Technik“, die Ingenieure, sozial unterprivilegiert und politisch einflusslos. Anders als die Juristen nähmen sie in der staatlichen Verwaltung und in den gesellschaftlichen Organisationen meist keine führenden, sondern nur untergeordnete Positionen ein. Das müsse sich ändern.
In einer Gesellschaft, in der allgemeine Bildung und kulturelle Kompetenz zuverlässiger zu Ansehen und Wertschätzung verhalfen als fachliches Spezialkönnen oder Reichtum, lag es nahe, dass Ingenieure in ihrem Bemühen um gesellschaftliche Aufwertung auf ihre kulturelle Bedeutung verwiesen und sich nicht nur als technische, sondern gleichzeitig als kulturelle Elite empfahlen. In der viel gelesenen Reihe Die Gesellschaft, die Martin Buber Anfang des 20. Jahrhunderts herausgab, hat Ludwig Brinkmann 1908 kräftig in diese Kerbe gehauen. Er malte die Utopie einer zukünftigen technischen Kultur, in der dem Ingenieur eine Führungsstellung zukommen werde. Das Schaffen des Ingenieurs sei Kultur. Er dürfe sich nicht in das Korsett eines dienenden Spezialisten pressen lassen, sondern müsse als allgemein gebildeter Kulturmensch auftreten, als Herr. ….
In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=568>.

Höpel, Thomas: Das Berufsbild des Kulturwissenschaftlers. Die Professionalisierung der Kulturfunktionäre in der DDR.
Abstract:
Beim Projekt der SED, in der DDR eine sozialistische Gesellschaft zu schaffen, spielten Kultur und Bildung eine entscheidende Rolle. Sie sollten bei der Emanzipation der Arbeiter und Bauern helfen und zur Schaffung des „Neuen Menschen“ besonders im Zuge der „sozialistischen Kulturrevolution“ ab 1957 beitragen. Um dieses Projekt flächendeckend zu realisieren, setzte die SED auf hauptberufliche Kulturfunktionäre als zentrales Instrument. Seit Ende der 1950er-Jahre entstand ein breitgefächertes Qualifizierungs- und Ausbildungssystem für Kulturfunktionäre und Kulturarbeiter, das an der Spitze ein Hochschulstudium für Kulturwissenschaften vorsah. Professionelle Kulturfunktionäre sollten fortan die „sozialistische Kulturrevolution“ an der Basis durchsetzen. Sie waren einerseits abhängig von der staatlichen Partei- und Kulturbürokratie, kannten andererseits aber auch die Bedürfnisse und Nöte auf lokaler und regionaler Ebene und sollten die zentralen Direktiven den örtlichen Gegebenheiten gemäß umsetzen.
Die Demokratisierung des Zuganges zu einer von der SED ästhetisch/ideologisch geformten Kunst und Kultur für breite Bevölkerungsschichten, insbesondere die Arbeiter und Bauern, stand im Mittelpunkt der sozialistischen Kulturpolitik. Die SED knüpfte damit sowohl an sozialdemokratische als auch an kommunistische Traditionen aus der Zeit vor 1933 an. Letztlich stand dahinter die Vorstellung, dass ein bestimmtes Kultur- und Bildungsniveau die Bedingung für vernünftiges und gemeinschaftsorientiertes soziales Handeln ist. Die Sozialdemokraten hatten diese in der Aufklärung entstandene bürgerliche Vorstellung im 19. Jahrhundert aufgenommen und eine eigene Bildungs- und Kulturpolitik als Mittel zur sozialen Emanzipation forciert. ….
In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=571>.

Materialien und Quellenauszüge:

„Der letzte Brief – der letzte Platz – die letzte Menschenmenge Mussolinis“ (Mailand 1946). In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=573>.

Aus dem Band „Kultur und Beruf in Europa“, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2012:

Technische Kultur und der Ehrgeiz der Ingenieure: Wilhelm Franz (1909) und Ludwig Brinkmann (1908) über den Beruf des Ingenieurs. In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=569>.

Das Berufsbild des Kulturwissenschaftlers in der DDR (20. August 1963). In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=572>.

Das Themenportal Europäische Geschichte veröffentlicht seit 2006 unter der Adresse <http://www.europa.clio-online.de> Materialien (Textdokumente, Statistiken, Bilder und Karten), Darstellungen und Debatten zur Geschichte Europas und der Europäer/innen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Nutzerinnen und Nutzer, die gerne mit eigenen Beiträgen mitwirken möchten, werden um Vorschläge gebeten. Schreiben Sie bitte an die Redaktion <clio.europa-redaktion@geschichte.hu-berlin.de>. Über die Auswahl und Annahme von Beiträgen entscheidet das Herausgeberkollegium aufgrund eines unkomplizierten Evaluationsverfahrens. Weitere Informationen zur Zielstellung und Konzeption des Projektes finden Sie auf den Webseiten des Projektes.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Hannes Siegrist (Leipzig), Sprecher des Herausgeberkollegiums

Prof. Dr. Martin Baumeister (Rom) – Prof. Dr. Ewald Frie (Tübingen) – Prof. Dr. Madeleine Herren (Heidelberg) – Dr. Rüdiger Hohls (Berlin) – Prof. Dr. Konrad Jarausch (Berlin, Chapel Hill) – Prof. Dr. Hartmut Kaelble (Berlin) – Prof. Dr. Matthias Middell (Leipzig) – Prof. Dr. Alexander Nützenadel (Berlin) – PD Dr. Iris Schröder (Berlin) – Prof. Dr. Stefan Troebst (Leipzig) – Prof. Dr. Jakob Vogel (Paris) – Prof. Dr. Michael Wildt (Berlin)