Themenportal „Europäische Geschichte“ (18.-21. Jh.): Newsletter 07/2012

By
Siegrist, Hannes - Universität Leipzig

Themenportal Europäische Geschichte

Liebe Leserinnen und Leser von H-Soz-u-Kult,

nachfolgend finden Sie eine Aufstellung der im Juni 2012 neu ins Themenportal Europäische Geschichte eingestellten Artikel, Essays, Materialen und Quellenauszüge.

Essays und Artikel:

Hämmerle, Christa: (Über-)Leben in einer „nicht-privilegierten Mischehe“: Das Tagebuch der Therese Lindenberg (1936–1946). Beitrag zum Themenschwerpunkt "Europäische Geschichte – Geschlechtergeschichte".
Abstract:
Für die Zeit zwischen 1933 und 1945 sind Terror, Krieg und Genozid europaweit in verschiedensten autobiografischen Aufzeichnungen bezeugt, die einen ganz spezifischen Blick auf diese Jahre eröffnen können. Dies gilt, obschon unter sehr unterschiedlichen Vorzeichen, für beide Seiten der damals zutiefst gespaltenen Gesellschaft: einmal für jene, die „dazu gehörten“ und das NS-Regime sowie seine Kriegsführung in Europa oft bis zuletzt stützten, obwohl der totale Krieg sie selbst einholte; sowie vor allem für jene, die ausgegrenzt, verfolgt, auf die Flucht und ins Exil getrieben oder ermordet wurden. Gerade unter diesen Menschen evozierte die anhaltende, zerstörerische Krisenerfahrung, die sich immer seltener in direkter Gesprächs- oder Briefform kommunizieren ließ, auch ein intensiviertes Tagebuchschreiben, das zwar an kulturelle Traditionen schriftlicher Selbstthematisierung anknüpfte, sich aber unter den dramatischen Bedingungen zugleich neu ausrichtete. Erst in den letzten Jahren wurde die große Fülle an Tagebüchern oder tagebuchähnlichen Aufzeichnungen dieser Zeit von der Forschung (wieder)entdeckt. Sie zeugen von Entrechtung und Entwürdigung, dem Leben im Exil, den Ghettos, den Konzentrationslagern; selbst hier, in diesem häufig als Hölle apostrophierten Extremzustand, wurde damals – verbotenerweise – geschrieben, auch von vielen Frauen und jungen Mädchen. ....
In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=551>.

Lanzinger, Margareth: "Wir antizipieren die Flügel, die wir einst haben werden" - Hedwig Dohms Ehekritik als Gesellschaftskritik und utopischer Entwurf. Beitrag zum Themenschwerpunkt "Europäische Geschichte - Geschlechtergeschichte".
Abstract:
Der Umfang, in dem die Ehe als Lebensform über Jahrhunderte hinweg religiös kodiert und moralisch aufgeladen worden war, stellt ein oft übersehenes Spezifikum der Europäischen Geschichte dar. Sowohl die Ehegesetzgebung als auch das Eheverständnis sind für die rechtliche, kulturelle und politische Formierung europäischer Gesellschaften grundlegend. Diskussionen über Ehe und Ehekritik sowie alternative und utopische Gegenentwürfe zur Ehe verweisen demgegenüber stets auf gesellschaftliche Veränderungen und Umbrüche. Schließlich sind die jeweilig gültigen normativen Vorgaben im Bereich des Eherechts immer auch eng mit normativen Vorstellungen und Konzepten von Geschlechterbeziehungen und Geschlechterverhältnissen verbunden. Auch wenn in diesen Rahmen oft ein Raum für das „Aushandeln von Ehe“ in der sozialen Praxis offen blieb, wurden die strukturellen Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern und damit auch Machtgefälle und einseitige Abhängigkeiten letztlich jahrhundertelang durch das Eherecht geformt. Genau hier setzt Hedwig Dohm 1909 mit ihrer Ehekritik in dem Text „Über Ehescheidung und freie Liebe“ an – ein Quellentext, der insofern an der Schnittstelle von Geschlechtergeschichte und Europäischer Geschichte steht, als er zentrale Themen des zeitgenössischen politischen Streits aufgreift, den Parteien, Kirchen und Frauenbewegungen um 1900 grenzüberschreitend über die Institution Ehe als soziale Ordnung führten.[6] In diesem Kontext besticht Hedwig Dohm sowohl mit ihren pointiert formulierten Beobachtungen als auch mit ihrer Positionierung. ....
In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=545>.

Materialien und Quellenauszüge:

"Apokalyptische Jahre" - Ausschnitte aus Tagebüchern der Therese Lindenberg (1938–1946). Veröffentlicht im Rahmen des Themenschwerpunkts "Europäische Geschichte – Geschlechtergeschichte". In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=552>.

Dohm, Hedwig: Über Ehescheidungen und freie Liebe (1909). Veröffentlicht im Rahmen des Themenschwerpunkts "Europäische Geschichte - Geschlechtergeschichte". In: Themenportal Europäische Geschichte (2012), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2012/Article=546>.

Neue Schriftreihe des Themenportals

Im zurückliegenden Monat erschien als erster Band der Schriftreihe „Europäische Geschichte in Quellen und Essays“ der von Isabella Löhr, Matthias Middell, Hannes Siegrist herausgegebene Band „Kultur und Beruf in Europa“ im Franz Steiner Verlag, Stuttgart. Das Inhaltsverzeichnis des Bandes können Sie einsehen unter der Adresse: <http://www.europa.clio-online.de/site/lang__de-DE/40208815/Default.aspx>. Die Herausgeber des Themenportals verantworten auch die Schriftreihe.

Die Reihe Europäische Geschichte in Quellen und Essays behandelt die Geschichte Europas und der Europäer vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart anhand origineller Text- und Bilddokumente, die mithilfe eines begleitenden Forschungsessays in die historischen Zusammenhänge eingeordnet werden. Historiker und historisch arbeitende Sozial- und Kulturwissenschaftler zeigen, warum und in welcher Hinsicht die von ihnen untersuchten Ereignisse, Strukturen, Prozesse, Vorstellungen und Ausdrucksformen für den Verlauf der Geschichte Europas, das historische Bewusstsein der Europäer und die gegenwärtigen Herausforderungen bedeutsam sind. Die wechselvolle Geschichte der Konstruktion Europas, der Wandel der Selbst- und Fremdbilder der Europäer und schließlich der europäischen Integration wird in die Geschichte der sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen und Entwicklungen eingebettet. Große Strukturen, fundamentale Konflikte, alltägliche Praktiken, subjektive Erfahrungen und kollektive Erinnerungen werden vergleichend, beziehungs- und verflechtungsgeschichtlich auf der lokalen, nationalen und internationalen Ebene analysiert. Zu den besonderen Anliegen der Reihe gehört es, die Spannung zwischen Tradition und Modernisierung und die damit einhergehende Dynamik der Verräumlichung sozialer, kultureller, wirtschaftlicher und politischer Ordnungen zu begreifen und die Interdependenz von Prozessen der Europäisierung, Nationalisierung und Globalisierung zu analysieren.
Jeder Band vertieft und spezifiziert das Anliegen der Reihe anhand eines besonderen Themas, einer fundamentalen Problematik oder einer besonderen Zeit. Die Quellen und Essays für die Print- und E-Book-Ausgabe stammen teilweise aus dem "Themenportal Europäische Geschichte" (www.europa.clio-online.de) von Clio-online. Der intellektuelle Mehrwert der Themenbände besteht darin, dass inhaltlich verwandte Quellen und Essays unter einem übergreifenden Gesichtspunkt integriert, aufeinander abgestimmt, durch eine themenzentrierte und problemorientierte historisch-kritische Einleitung der Herausgeber ergänzt werden.
Die Reihe richtet sich insbesondere an Dozenten und Studierende der Geschichtswissenschaften sowie der historischen Fachrichtungen und Spezialgebiete in den Kultur-, Kunst-, Sozial-, Medien-, Staats- und Wirtschaftswissenschaften. Sie stimuliert und unterstützt die wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung über die Geschichte Europas, der Europäer und des Europäischen in historischen, kultur-, sozial- und rechtswissenschaftlichen Studiengängen und in den interdisziplinären Studiengängen der European und Area Studies.
Die Bände der Reihe können über den Franz Steiner Verlag: <http://www.steiner-verlag.de/titel/59170.html> bezogen werden.

Das Themenportal Europäische Geschichte veröffentlicht seit 2006 unter der Adresse <http://www.europa.clio-online.de> Materialien (Textdokumente, Statistiken, Bilder und Karten), Darstellungen und Debatten zur Geschichte Europas und der Europäer/innen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Nutzerinnen und Nutzer, die gerne mit eigenen Beiträgen mitwirken möchten, werden um Vorschläge gebeten. Schreiben Sie bitte an die Redaktion <clio.europa-redaktion@geschichte.hu-berlin.de>. Über die Auswahl und Annahme von Beiträgen entscheidet das Herausgeberkollegium aufgrund eines unkomplizierten Evaluationsverfahrens. Weitere Informationen zur Zielstellung und Konzeption des Projektes finden Sie auf den Webseiten des Projektes.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Hannes Siegrist (Leipzig), Sprecher des Herausgeberkollegiums

Prof. Dr. Martin Baumeister (München) – Prof. Dr. Ewald Frie (Tübingen) – Prof. Dr. Madeleine Herren (Heidelberg) – Dr. Rüdiger Hohls (Berlin) – Prof. Dr. Konrad Jarausch (Berlin, Chapel Hill) – Prof. Dr. Hartmut Kaelble (Berlin) – Prof. Dr. Matthias Middell (Leipzig) – Prof. Dr. Alexander Nützenadel (Berlin) – PD Dr. Iris Schröder (Berlin) – Prof. Dr. Stefan Troebst (Leipzig) – Prof. Dr. Jakob Vogel (Paris) – Prof. Dr. Michael Wildt (Berlin)