Themenportal „Europäische Geschichte“ (18.-21. Jh.): Newsletter 01/2015

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Siegrist, Hannes - Universität Leipzig

Themenportal Europäische Geschichte

Liebe Leserinnen und Leser von H-Soz-Kult,

nachfolgend finden Sie eine Aufstellung der im Dezember 2014 neu ins Themenportal Europäische Geschichte eingestellten Artikel, Essays, Materialen und Quellenauszüge.

Essays und Artikel:

Kehrt, Christian: Schatzkammer oder Weltnaturpark? Zur Antarktispolitik der Bundesrepublik Deutschland in den langen 1970er-Jahren.
Abstract:
Der Essay behandelt die Antarktispolitik der Bundesrepublik in den langen 1970er-Jahren. In dieser Zeit geriet das im Kalten Krieg begründete Antarktisvertragssystem unter Druck. Neue Akteure, insbesondere aus nicht-westlichen Ländern, forderten Zugang zur Antarktis und stellten das exklusive Antarktisvertragssystem in Frage. Zudem bestimmen nun vermehrt ökonomische und ressourcengetriebene Motive die Agenda, die anfangs im Antarktisvertrag nicht hinreichend geregelt waren. So kam es zu einer konfligierenden Wahrnehmung der Antarktis, die als Weltnaturpark unter Naturschutz gestellt werden sollte. Zugleich verhieß dieser staatsfreie Raum in einer Zeit, in der die Grenzen des Wachstums diskutiert wurden, neue, nahezu unerschöpfliche Ressourcenpotentiale. Auch die Bundesrepublik verfolgte mit ihrem Ziel, dem Antarktisvertragssystem beizutreten und ein Polarforschungsinstitut zu gründen, geopolitische Motive. Der Beitritt zum Antarktisvertrag sollte dem rohstoffarmen Kurzküstenstaat Zugang zu mineralischen und lebenden Ressourcen eröffnen und damit die sich in den zeitgleichen Verhandlungen über das Internationale Seerecht abzeichnende schlechte Position der Bundesrepublik kompensieren. Da die finanziell und logistisch aufwändige Antarktisforschung nur durch massive staatliche Förderung möglich ist, zeigt sich hier besonders deutlich das Zusammenspiel von Wissenschaft und Politik im Rahmen länderübergreifender und im Fall der Antarktis globaler Problemkonstellationen der Atomkriegführung, Welternährung und Umweltzerstörung.
Zum Verständnis der Antarktispolitik ist ein Blick auf die Konflikte und Weichenstellungen in den 1950er-Jahren erforderlich, als militärische Auseinandersetzungen und die Nutzung der Antarktis als nukleares Testfeld drohten. Zwar wird diese in der zeitgenössischen öffentlichen Wahrnehmung als friedlicher Gegenentwurf zum Kalten Krieg und das Internationale Geophysikalische Jahr 1957/58 als „Triumph der Wissenschaft“ über die Geheimniskrämerei des Kalten Krieg dargestellt. Die Erschließung der Polarregionen ist jedoch ein gutes Beispiel für die massive Mobilisierung und Förderung von Wissenschaft und Technik im Kalten Krieg und hatte eine nicht zu unterschätzende symbolische Funktion im Systemwettstreit der Supermächte um technische Macht und Machbarkeit und prestigeträchtige Erstleistungen. ....
In: Themenportal Europäische Geschichte (2014), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2014/Article=703>.

Cirkel-Bartelt, Vanessa: „A million times the energy of coal or other fuel“. Frederick Soddys vorwissenschaftliche Ideen zur Nutzung radioaktiver Energie im Kontext der europäischen Energiegeschichte.
Abstract:
„The radioactive study of transmutation“, schrieb der britische Chemiker Frederick Soddy in seinem 1912 erschienenen Aufsatz „Transmutation, the Vital Problem of the Future“, „has revealed in matter an enormous and previously unsuspected store of energy compared with which all previously known sources of energy are shrinking into the merest insignificance.” Diese Feststellung ist äußerst bemerkenswert, bedeutet sie doch, dass Soddy hier vorschlägt, Atomenergie zu nutzen. Die einer solche Nutzung zugrundeliegende Kernspaltung sollte jedoch erst mehr als 25 Jahre später experimentell entdeckt und theoretisch erklärt werden. Der vorliegende Essay soll Soddys ungewöhnlichen Vorschlag, den er bereits kurz nach 1900 zum ersten Mal formuliert hatte und später noch öfter wiederholen sollte, im Kontext der Energiekrisen des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts betrachten und so die gefühlte Notwendigkeit erklären, nach alternativen Energiequellen suchen zu müssen.
Nach gängiger Lehrmeinung in der Energiegeschichte markiert der so genannte „Ölpreisschock“ der 1970er-Jahre, also die Drosselung der Ölfördermenge durch die OPEC Staaten und der daraus resultierende Preisanstieg mit seinen gesamtwirtschaftlichen Folgen, die erste echte „Energiekrise“, da die „Vorstellung der Endlichkeit der fossilen Energievorräte“ bis dahin „den Energiepolitikern, den Führungskreisen der Energieversorgungsunternehmen und den Konsumenten gleichermaßen fremd gewesen“ sei. Doch tatsächlich waren die öffentlichen, das heißt in diesem Fall vor allem die politischen und ökonomischen, Debatten seit spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts sowohl in Mitteleuropa als auch Nordamerika von einer wachsenden Sorge um eine dauerhafte, ausreichende und vor allem bezahlbare Energieversorgung geprägt.
Bereits in der Frühen Neuzeit waren lokale Verknappungen des damals wichtigsten Energieträgers – Holz – ein wiederholt auftretendes Problem. Als Folge gewann Steinkohle an Bedeutung, zudem wurde Holz aus immer entlegeneren Gebieten zugekauft, was zu einem Ausbau der Transportwege und damit auch einer wachsenden wirtschaftlichen Vernetzung führte. ....
In: Themenportal Europäische Geschichte (2014), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2014/Article=705>.

Materialien und Quellenauszüge:

Schreiben des Bundesministers für Forschung und Technologie Hans Matthöfer an Bundeskanzler Helmut Schmidt (30. Januar 1978). In: Themenportal Europäische Geschichte (2014), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2014/Article=704>.

Soddy, Frederick: Transmutation, a Vital Problem of the Future (1912). In: Themenportal Europäische Geschichte (2014), URL: <http://www.europa.clio-online.de/2014/Article=706>.

Das Themenportal Europäische Geschichte veröffentlicht seit 2006 unter der Adresse <http://www.europa.clio-online.de> Materialien (Textdokumente, Statistiken, Bilder und Karten), Darstellungen und Debatten zur Geschichte Europas und der Europäer/innen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Nutzerinnen und Nutzer, die gerne mit eigenen Beiträgen mitwirken möchten, werden um Vorschläge gebeten. Schreiben Sie bitte an die Redaktion <clio.europa-redaktion@geschichte.hu-berlin.de>. Über die Auswahl und Annahme von Beiträgen entscheidet das Herausgeberkollegium aufgrund eines unkomplizierten Evaluationsverfahrens. Weitere Informationen zur Zielstellung und Konzeption des Projektes finden Sie auf den Webseiten des Projektes.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Hannes Siegrist (Leipzig), Sprecher des Herausgeberkollegiums

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