Grenzen der Trans_Konzepte - Zur Leistungsfähigkeit von subversiven Identitätsvorstellungen

Grenzen der Trans_Konzepte - Zur Leistungsfähigkeit von subversiven Identitätsvorstellungen

Organizer
Organisation: Stephanie Lavorano, M.A.; Ariane Rau, B.A.; Arbeitskreis Trans_It an der UNiversität Tübingen
Venue
Location
Tübingen
Country
Germany
From - Until
17.04.2015 - 19.04.2015
Deadline
16.12.2014
Website
By
Universität Tübingen

Grenzen der Trans_Konzepte -
Zur Leistungsfähigkeit von subversiven Identitätsvorstellungen

Tagung des Arbeitskreises Trans_It
vom 17.04.2015 – 19.04.2015 an der Universität Tübingen

Transgender, Transkulturalität, Transnationalität, Transsozialität.
Innerhalb des letzten Jahrzehnts erlebt die soziale und wissenschaftliche Debatte um die Trans_Identitäten eine bisher ungekannte Konjunktur. Forschung und Gesellschaft reagieren auf die virulenten Anforderungen einer globalisierten und ‚postmodernen‘ Gesellschaft, indem sie die begrenzten und zumeist dichotomen Identitätskategorien wie Nationalität, Rasse, Ethnie, Geschlecht und Körperlichkeit öffnet und versucht, mit fluiden und pluralen Identitäten Alternativen aufzuzeigen.

Theorien und Modelle, die sich dem Begriff des Trans_ verpflichtet sehen, bewegen sich nicht innerhalb semiotisch abgeschlossener Systeme, sondern legen den Schwerpunkt auf Bewegung und Prozesshaftigkeit. In dem Bemühen ‚Identität‘ nicht als eine Differenzkategorie zu denken, treten Trans_Identitäten subversiv zu konkurrierenden, abgeschlossenen Identitätsbegriffen ins Verhältnis. Eine Verhandlung von Identitäten unter dem Stichwort Trans_ eröffnet immer zugleich ein Spannungsfeld von Unbestimmtheit und Determination, Offenheit und Abgeschlossenheit sowie von Textur und Grenze.

Diese Paradoxie erscheint besonders im Hinblick darauf brisant, dass sich durchlässig gewordene Grenzen von nationalen und sozialen Räumen unter Rückgriff auf Traditionen und Neorassismen wieder verfestigen. Aktuelle Einwanderungsdebatten, der aufsteigende Rechtspopulismus in Europa, die Bewegungen des arabischen Frühlings, die andauernde Stigmatisierung von Muslimen sowie die öffentliche Verteidigung eines bürgerlichen Familienbildes verlangen nach einer dezidierten Auseinandersetzung mit diesen und anderen Konfliktfeldern. Vor dem Hintergrund muss sich folgende Frage stellen: An welchen normativen Grenzen zerbrechen Transkonzepte, wo werden sie idealisiert und dadurch wieder zu einem statischen Konzept?

In dieser Hinsicht sehen sich die seit den 1990er Jahren mit steigender Beachtung versehenen Trans_Konzepte in die Diskussionen um ihre Leistungsfähigkeit geraten. So muss sich bspw. nicht nur die mit der Trans_Kulturalität vebundene Forderung nach einer diversitär gestalteten, antihierarchischen Gesellschaft immer im Spannungsfeld zu einer restaurativen und normativen Identitätspraxis im Umgang mit Migration sehen, sondern nach Spivak stehen transkulturelle Identitäten selbst im Verdacht der Re-Essentialisierung. Trans_Nationalität etwa kann das Übersteigen, Verwischen und Auflösen von nationalen Grenzen nur in Rückgriff auf diese territorialen, kulturellen und ethnischen Räume bilden und tradiert damit diese zugleich.

Die Tagung „Grenzen der Trans_Konzepte“ will angesichts dieser heterogenen Entwicklungen die Frage nach der Leistungsfähigkeit von Trans_Konzepten stellen. Dabei soll der Fokus sowohl auf die konzeptimmanente Disposition von Trans_Identitäten, als auch auf die Wechselwirkungen und Interdependenzen zu gesellschaftlichen Gegenströmungen bei der Verhandlungen und Implementierungen der Trans_Identitäten im öffentlichen Raum gelegt werden. Auf diese Weise sollen die hinreichenden und notwendigen Bedingungen des Scheiterns von Trans_Identitäten eruiert werden, um damit zugleich die Konstituens einer inklusiven Gesellschaft zu reformulieren.

Die möglichen Themenstellungen der Vorträge können sowohl empirisch in der Untersuchung konkreter sozialer Phänomene von Trans_Identitäten angelegt sein, als auch einem theoretischen Ansatz folgend, die unterschiedlichen Trans_Konzepte in ihren Interdependenzen mit der Gesellschaft analysieren, weiterentwickeln oder vergleichend gegenüberstellen. Mögliche Themenschwerpunkte könnten zudem in folgenden Bereichen liegen:

1. Körper und Kultur: Aktuelle Studien in der Literatur- und Medienwissenschaft sowie der Kulturkritik deuten auf einen Umbruchsprozess des Leitbildes „Kultur“ hin: Innerhalb der „Neuen Weltliteratur“ und der hierin verhandelten Migration zeigt sich Körper als ein vehementer Topos, der vornehmlich als eine Individualisierung von Migrationsbiografien gelesen wird, aber auch auf eine veränderte Identitätspraxis hin gelesen werden kann. Zugleich fragen auch die Critical Race Studies nach einer möglichen Neukonzeption von Rassismen, die sich aus einem aktuell veränderten Denken des Körperlichen ergeben. Es lässt sich also fragen: Besteht ein neuer Essentialismus des Körperlichen? Wenn ja, wie wirkt sich dieser auf Konzepte der Transkulturalität aus?

2. Inklusion, Diversität und Trans_Konzepte: Das Paradigma des Trans_ weist in der Beschreibung einer durch Fluidität und Grenzverwischung geprägten Identitätskonstitution deutliche Analogien zum Konzept der Inklusion auf, das ein grundlegendes Verlassen von kategorialem Identitätsdenken propagiert. Vorträge, die die Unterschiede und Ähnlichkeiten dieser Konzepte kritisch befragen oder weiterentwickelnd verknüpfen, sind ausdrücklich erwünscht.

3. Gender Studies als Leitdisziplin: Die Gender Studies nehmen innerhalb der Diskriminierungsforschung nach wie vor eine Vorreiterrolle ein. Wie lassen sich die Ergebnisse der Gender Studies bspw. in die Critical Race Studies übertragen? Welche Perspektiven kann eine durch die Gender Studies geleitete Intersektionalitätsforschung bilden?

4. Religion und Ethnie: Religiöse Glaubensrichtungen werden unter Aspekten der Sozialisation und der kulturellen Identität zu intersektionalen Diskriminierungsformen. Die Verbindung religiöser Diskurse mit säkularen Macht-, Herrschafts- und Normierungsverhältnissen, die soziale Strukturen, Praktiken und Identitäten reproduzieren, verfestigt nicht zuletzt die antisemitischen oder islamophoben Strömungen.

Selbstverständlich sind Vorträge zu Trans_Konzepten, die andere als die hier aufgeführten Fragestellungen verfolgen, ebenfalls gewünscht.

Das Programm ist explizit kulturwissenschaftlich-interdisziplinär ausgerichtet. Vorträge aus der Geschichtswissenschaft, der Literaturwissenschaft und den hieran angrenzenden Wissenschaften sind ebenso willkommen, wie Vorträge aus den Sozialwissenschaften, Politikwissenschaften und den empirischen Kulturwissenschaften. Ebenfalls soll ein Schwerpunkt in der Vormoderne und Mediävistik gebildet werden.

Bitte reichen Sie Ihr Abstract für einen Vortrag (20 min.) bis zum 16.12.2014 an die Emailadresse cfp_Transit@gmx.de ein. Ihr Abstract sollte max. 300 Wörter lang und von bio-bibliographischen Informationen begleitet sein.
Fahrtkosten und Unterbringung können leider nicht übernommen werden. Eine Veröffentlichung der Beiträge wird angestrebt.

Organisation:
Stephanie Lavorano, M.A.; Ariane Rau, B.A.; Arbeitskreis Trans_It

Programm

Contact (announcement)

Ariane Rau

Wilhelmstr. 50; 72070 Tübingen

cfp_Transit@gmx.de


Editors Information
Published on
19.10.2014