Transnationale Praktiken der Konstruktion Europas

Transnationale Praktiken der Konstruktion Europas

Organizer
Interdisziplinäres Forschungsnetzwerk "Europaforschung" der Philosophischen Fakultät an der Universität Siegen
Venue
Adolf-Reichwein-Campus
Location
Siegen
Country
Germany
From - Until
30.10.2014 - 31.10.2014
Deadline
01.05.2014
By
Claudia Kraft

Europa als Kommunikations- und Handlungsraum ist nicht erst seit der europäischen Integration ein territorialer Bezugsrahmen von kultur- und sozialwissenschaftlicher Forschung. In Zeiten der sozialkonstruktivistischen Nationalismusforschung auf der einen sowie immer deutlicher werdender Globalisierungsprozesse auf der anderen Seite scheint aber Europa als Untersuchungsgegenstand schwerer fassbar denn je. Wo und auf welche Weise Räume als europäisch imaginiert werden und welche Akteure und Prozesse dabei wirkmächtig sind, bedarf weiterhin genauerer empirischer Studien genauso wie die Frage, wie als europäisch vorgestellte Räume auf die Diskurse und Praktiken von Akteuren zurückwirkten/zurückwirken.

Der geplante Workshop fragt daher gezielt nach Transnationalisierungsprozessen und der Schaffung bzw. Ausdeutung europäischer Kommunikations- und Handlungsräume. Dabei sollen vor allem die konkreten Akteure der Transnationalisierung im Fokus des Interesses stehen, die oftmals ohne konkrete Europäisierungsagenda antraten, sondern aufgrund spezifischer Gruppeneigenschaften zu Motoren der Transnationalisierung wurden. Die Schaffung und Vermittlung von Wissensbeständen spielten hierbei eine entscheidende Rolle. In einer die Epochen übergreifenden Perspektive soll danach gefragt werden, wie konkrete Akteursgruppen, die in unterschiedlichen Wissensfeldern aktiv waren, über Wissensproduktion Räume des Europäischen schufen und wie diese Wissensproduktion zur Selbstverortung der Akteure beitrug. Besonderes Augenmerk wird darauf zu legen sein, wie durch neues Wissen auch neue Räume konstituiert wurden und wie sich Wissensbestände veränderten, die in neue Raumbezüge gestellt wurden – etwa durch Migration. Dabei wird von der These ausgegangen, dass sich nachhaltige Transnationalisierungsprozesse als Praktiken der Konstruktion Europas insbesondere auf mehrdimensionalen Handlungsfeldern vollzogen. Europa erscheint so durch eine Vielzahl von sich überlappenden Wissensräumen konstituiert, die keineswegs hermetisch gegeneinander abgeschlossen waren/sind. Solche Wissensräume können sich auf so vielfältige Bereiche wie das Politische, das Religiöse, das Ökonomische, Bildung, Sport, Wissenschaft o.a. beziehen. Für die Frage nach den transnationalen Praktiken der Konstruktion Europas erscheint es besonders weiterführend zu sein, nach den Wechselwirkungen zwischen einzelnen Wissensräumen zu fragen.

Der Workshop ist bewusst Epochen übergreifend angelegt, um so eine Verengung auf jüngere, vor allem politisch-institutionelle Formen der Europäisierung zu vermeiden und „Europa“ nicht nur als Gegen- oder Komplementärentwurf zu den europäischen Nationalstaaten der Moderne zu fassen (deren Dominanz als Analyserahmen ohnehin recht kurzlebig war). Mithilfe eines breit verstandenen Konzepts der Transnationalisierung, das sich auf Austausch- und Interaktionsprozesse von gesellschaftlichen Gruppen oder auch Expertengremien wie beispielsweise epistemic communities konzentriert, wollen wir Räume des Europäischen neu vermessen, die sowohl in der jüngeren Vergangenheit, aber auch bereits lange bevor der Nationalstaat zum dominanten politischen Ordnungsmuster wurde, in vielfältiger Weise in den Diskursen und Praktiken der historischen und gegenwärtigen Akteure aufschienen. Dabei sollen nicht etwa normativ geprägte Europavorstellungen im Zentrum des Interesses stehen, sondern es soll bewusst danach gefragt werden, wie historische und gegenwärtige Akteure Europa imaginierten/imaginieren und es durch ihre Praktiken zu einem wahrnehmbaren Handlungsraum werden ließen/lassen.

Eine Fokussierung auf wanderndes Wissen erscheint hier besonders vielversprechend, da durch die Rückwirkungen mobilen Wissens auf seine Ursprungskontexte der Konstruktionscharakter des Europäischen sichtbar gemacht werden kann: der (abgrenzende) Bezug auf das räumlich oder zeitlich Entfernte trug und trägt in jeweils markanter Weise zur Konturierung des Europäischen bei. Seine Untersuchung zeigt, dass Europa in den Praktiken konstruiert und verwandelt wird, zugleich aber als handlungsleitender Rahmen auf diese Praktiken zurückwirkt. Auf diese Weise soll der Workshop einen Beitrag zu einer stärker akteurszentrierten Europaforschung leisten.

Der call for papers richtet sich dezidiert an eine Vielzahl kultur- und sozialwissenschaftlicher Fächer, um eine möglichst breite Palette von Handlungsfeldern in den Fokus der Untersuchungen zu rücken. Folgende Fragen können als Ausgangspunkt für Konferenzbeiträge dienen:

In welchen Handlungsräumen fanden/finden europäische Transnationalisierungsprozesse statt?
Welche Akteure und Strukturen beförderten/befördern bzw. behinderten/behindern sie?
Wie beeinflussten/beeinflussen Institutionen das Akteurshandeln und umgekehrt?
Welche gesellschaftlichen und kulturellen Felder eigneten/eignen sich besonders für Transnationalisierungsprozesse?
Wie trugen/tragen der Transfer und die Adaption von Wissensbeständen zur Herstellung europäisch verstandener Räume bei?
Wie vollzog/vollzieht sich Transnationalität in und durch die Praktiken von Akteuren?
Was bedeuteten/bedeuten diese Praktiken für die Konstruktion von Europa?

Vorschläge für einen Beitrag (Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch) können in Form eines Exposés (1-2 Seiten) inklusive eines kurzen wissenschaftlichen cv bis 1. Mai 2014 eingereicht werden: per email an claudia.kraft@uni-siegen.de.

Reise- und Aufenthaltskosten der Referentinnen und Referenten werden übernommen.

Programm

Contact (announcement)

Prof. Dr. Claudia Kraft
Fakultät I, Universität Siegen
Adolf-Reichweinstr. 2, 57068 Siegen
0049-271-7403263
0049-271-7403123
claudia.kraft@uni-siegen.de

http://www.uni-siegen.de
Editors Information
Published on
20.02.2014
Contributor
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Temporal Classification
Regional Classification
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Country Event
Language(s) of event
English, German
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