First European Congress of World and Global History - Panel 10: World History and Multiculturalism

First European Congress of World and Global History - Panel 10: World History and Multiculturalism

Organizer(s)
European Network in Universal and Global History; Organisationskomitee Leipzig: Frank Hadler, Matthias Middell, Hannes Siegrist, Katja Naumann
Location
Leipzig
Country
Germany
From - Until
22.09.2005 - 25.09.2005
By
Isabella Löhr, Zentrum für Höhere Studien, Universität Leipzig

Das Panel setzte sich aus Mitgliedern des AP (Advanced Placement) World History Committee zusammen, das seit zehn Jahren ein Curriculum für einen world history Kurs entwickelt, das seit nunmehr vier Jahren im Testverfahren ist. Entsprechend widmete sich das Panel den praktischen Herausforderungen, vor denen der Entwurf von world-history-Kursen für High Schools und Colleges steht.

Wie Peter N. Stearns in seinem eröffnenden Beitrag erläuterte, können Kurse zur Weltgeschichte an amerikanischen High Schools und Colleges das Thema Multikulturalismus überhaupt nicht aussparen, weil ausgeprägte Migrationsbewegungen in den USA eine multikulturell zusammengesetzte Studentenschaft hervorgebracht haben, die zu einer Vielfalt von sozio-kulturell verschiedenen Biographien der Schüler und Studenten führen, die in den world history Kursen Beachtung einfordern. Auch wenn Stearns die Hoffnung formulierte, dass gerade deswegen world-history-Kurse zum Ort werden könnten, eine junge, ethnisch gemischte Generation von Amerikanern miteinander über ihre sozialen und kulturellen Hintergründe ins Gespräch zu bringen, hob er deutlich die Probleme dieser Kurse hervor: Erstens sind westliche Narrative oftmals dominant; zweitens werden genau diese Narrative oft Gegenstand so grundsätzlicher Kontroversen im Unterricht, sodass man fragen könnte, inwieweit es dennoch eine Standardisierung braucht, um überhaupt eine Gesprächsgrundlage zu schaffen; drittens, so Stearns, steht das Reden über und Unterrichten von Weltgeschichte unter einem Imperativ politischer Korrektheit, der einen kritischen Zugang zu Weltgeschichte erschwert und viertens wies Stearns schließlich auf das grundsätzliche Problem hin, dass multikulturelle Klassenräume zwar eine Herausforderung für world-history-Kurse sind, dennoch aber zuerst nur eine Phänomenbeschreibung anbieten, die keinen Rahmen für die Strukturierung von Weltgeschichte bereit stellt.

Daran anknüpfend berichtete Alan Karras (University of California, Berkeley) über den Unterricht von Weltgeschichte in Berkeley. Sie wird dort zugunsten der „Western Civ“-Kurse nur spärlich unterrichtet, weil eine große Skepsis gegenüber der Methodik und den Inhalten bzw. den curricularen Auswahlkriterien für Weltgeschichtskurse herrscht. Karras argumentierte dagegen für eine unbedingte Aufnahme von Weltgeschichte in die Lehrpläne, weniger aufgrund der Wissensvermittlung, sondern weil Weltgeschichte ein Orientierungswissen für individuelles Verhalten schaffe, das für den Umgang mit anderen Bevölkerungsgruppen und Kulturen sensibilisiere. Zudem würde die Ausbildung auf diesem Weg auch den hohen Prozentsatz von Studenten nicht-amerikanischer Herkunft an den US-amerikanischen Universitäten inhaltlich Anerkennung zollen.

Dorothea Martin (Appalachian State University, Boone, North Carolina) stellte in ihrem Beitrag genau die entgegen gesetzte Frage: wie unterrichtet man Weltgeschichte an einer Universität in der amerikanischen Provinz, deren Studenten aus einem sehr homogenen Umfeld mit geschlossenen, zumeist sehr religiös geprägten Weltbildern stammen? Hier, so Martin, herrsche die Gefahr, dass Weltgeschichte schnell in das Narrativ ‚the west and the rest’ einmünde. Während Karras auf die Dringlichkeit hinwies, die Universität als Institution für die sozial und kulturell unterschiedliche Herkunft ihrer Studenten zu sensibilisieren, betonte Martin, dass den world-history-Kursen an ihrer Universität eher die Rolle zukommt, den Studenten den eigenen sozialen und kulturellen Hintergrund als solchen überhaupt erst verständlich zu machen, indem sie lernen ihn kritisch zu reflektieren. Vor diesem Hintergrund formulierte Dorothea Martin als Herausforderung für world-history-Kurse, dass sie stärker mit individuellen Lebens- und Familiengeschichten der Studenten verknüpft werden sollten, um auf diesem Weg Weltgeschichte für die Studenten begreifbar zu machen.

Monica Bond-Lamberty (James Madison High School, Madison, Wisconsin) gab einen Einblick in den Unterricht von Weltgeschichte an High Schools. Stärker noch als beim Beispiel Berkeley sind in den Klassen in der Regel alle Weltregionen vertreten (Bond-Lamberty sprach von Schülern mit ca. 30% afroamerikanischen, 20% asiatischen, 10% europäischen und 20% lateinamerikanischen Hintergrund). Das bedeutet für die Kurse, dass sie nicht auf einen gemeinsamen Nenner im Sinne eines vergleichbaren Vorwissens, Vokabulars oder Wertesystems der Schüler vertrauen können, so dass sie stärker noch als die College-Ausbildung mit der Auswahl und Strukturierung des Curriculums konfrontiert sind. Innerhalb von 32 Wochen wird Weltgeschichte entweder 8000 v. Chr. beginnend oder, in einem zweiten, weiter verbreiteten Modell, 1500 v. Chr. beginnend chronologisch und alle Weltregionen einschließend abgehandelt. Um dieses Unternehmen überhaupt bewältigen zu können, wird der Schwerpunkt auf große Entwicklungslinien und politische Systeme gelegt. Wenngleich in den Kursen ein großer Erklärungsbedarf und die Notwendigkeit einer permanenten und auch vorsichtigen Verständigung über Begriffe und Inhalte besteht, regen die Kurse trotzdem, so Bond-Lamberty, oftmals eine intensive Auseinandersetzung zwischen den Schülern an, die über die Kursinhalte in ein Gespräch über ihre unterschiedliche Sozialisation und Herkunft kommen.

Entsprechend dem mehrfachen Hinweis, dass den world-history-Kursen an High Schools und Colleges oft eine Vermittlungsrolle zwischen verschiedenen kulturellen Hintergründen der Schüler und Studenten zukommt, tauchte in der Diskussion die Frage auf, worin der Unterschied dieser Kurse zu einem Training interkultureller Kompetenz liegt. Die Referenten bejahten eine gewisse Nähe und hoben die besondere Leistung der world-history-Kurse hervor, den Studenten eine kritische Distanz und Reflektion über ihren eigenen gesellschaftlichen Hintergrund nahe zu bringen. Die Hauptlast liege dabei auf dem Unterrichten selbst, weil weniger die Vermittlung historischer Narrative vordergründig sein sollte, als vielmehr die Ausbildung eines problemorientierten, analytischen und komparativen Denkens an ausgewählten Beispielen. Die Wahl der Themen, so die Referenten, sollte dabei entwicklungspsychologische Erkenntnisse einbeziehen und auf ein Curriculum hinführen, das für die jeweiligen Ausbildungsbedürfnissen (High School, Lehrerausbildung etc.) spezifisch entworfen wird.

Contact (announcement)

Katja Naumann
Universität Leipzig
Zentrum für Höhere Studien
Emil-Fuchs-Str. 1
04105 Leipzig
knaumann@uni-leipzig.de

www.uni-leipzig.de/zhs/ekwg
Editors Information
Published on
06.01.2006
Contributor
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Regional Classification
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English, French, German
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