Untergangsszenarien und Zukunftsvisionen in den Imperien des östlichen Europa

Untergangsszenarien und Zukunftsvisionen in den Imperien des östlichen Europa

Organizer(s)
Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft; Lehrstuhl für Geschichte Ost- und Mitteleuropas, Otto-Friedrich-Universität Bamberg; Leibniz Graduate School for Cultures of Knowledge in Central European Transnational Contexts, Justus-Liebig-Universität Gießen; Gießener Zentrum Östliches Europa; Leibniz-Forschungsverbund „Krisen in einer globalisierten Welt“
Location
Marburg
Country
Germany
From - Until
11.09.2013 - 13.09.2013
Conf. Website
By
Tamara Scheer, Ludwig Boltzmann-Institut für Historische Sozialwissenschaft/Universität Wien; Claudia Weber, Hamburger Institut für Sozialforschung

„Untergangsszenarien und Zukunftsvisionen in den Imperien des östlichen Europa“ standen im Mittelpunkt einer Tagung, die vom 11. bis zum 13. September 2013 am Marburger Herder-Institut stattfand. Sie wurde in Zusammenarbeit von Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Lehrstuhl für Geschichte Ost- und Mitteleuropas, Leibniz Graduate School for Cultures of Knowledge in Central European Transnational Contexts, Justus-Liebig-Universität Gießen, Gießener Zentrum Östliches Europa und Leibniz-Forschungsverbund „Krisen in einer globalisierten Welt“ veranstaltet. Die inhaltliche Konzeption erfolgte durch Peter Haslinger (Marburg) und Malte Rolf (Bamberg). Insgesamt wurden 19 Vorträge gehalten, jeweils begleitet von einem ausführlichen Kommentar. Die key note stammte von Xosé M. Núñez Seixas (München).

In ihren einleitenden Worten formulierten beide Organisatoren den Anspruch der Tagung, an unterschiedlichen Beispielen aus den Großreichen des östlichen Europas sowohl die Entstehung, Wechselwirkungen als auch die politische und gesellschaftsverändernde Wirkungsmacht politischer und intellektueller Zukunftsvisionen und Untergangsbeschwörungen in den Blick zu nehmen, die, so MALTE ROLF (Bamberg), um die Jahrhundertwende europäische Krisendiskurse mit einer Prominenz dominierten, die wenig Raum für Zwischentöne, Abstufungen und Abwägungen zuließ. Er nannte diese Zeit eine „Hochphase der Extreme“, in der „Niedergangsnarrative und Utopieentwürfe gleichermaßen Konjunktur“ haben konnten.

Neben vielen anderen Erklärungen lassen sich Krise und Utopie darin einordnen, dass sie Zustände sind, die als von der Normalität abweichend wahrgenommen werden, wie PETER HASLINGER (Marburg) erläuterte. Ob Apokalypse oder Wiedergeburt, wohnte den verschiedenen Entwürfen dabei häufig das ambitionierte Versprechen inne, die komplexen Problemkonstellationen gesamtgesellschaftlicher Systemkrisen auf einmal lösen zu können. Der Anspruch war anhand unterschiedlichster Beispiele in den Großreichen des östlichen Europas in der Phase zwischen 1830 und 1920 die Entstehung, die Parallelität, die Wechselwirkungen und die Konsequenzen von Zukunftsvisionen und Untergangsszenarien in den Blick zu nehmen. Es sollte nicht nur die Expression derartiger Konzepte angesprochen werden, sondern inwieweit in jenen Situationen nicht nur Vorstellungen von Niedergang, Verlust und Unterlegenheit artikuliert wurden, sondern diese auch tiefgreifende Reformprojekte anstießen. Die Konferenz sollte dazu dienen, Entstehungsbedingungen ebenso anzusprechen, wie die sich profilierenden Akteure und die Folgewirkungen von Utopieentwürfen nachzuzeichnen, und so Rolf: „Wir wollen fragen, inwieweit die Wahrnehmung imperialer Krisen als spezifische Situationen der Kontingenz Anstoß gaben für grenz- und bedingungslose Planspiele und Prognosen“.

Die Vorträge, die sich zeitlich vom Beginn des 19. bis weit in das 20. Jahrhundert erstreckten, widmeten sich insbesondere Fallbeispielen aus der Literatur sowie intellektuellen und politischen Handlungsentwürfen, die von Remizovs „Affenorden Obezvelolpal“ in TIM MERGELSBERGs (Berlin) Vortrag, bis hin zu den Konzepten eines Siegfried Lichtenstaedter über die ethno-nationale Neuordnung Europas reichten, wie sie ROBERT WALTER (Münster)nachzeichnete. Eine solche Neuordnung, wenn mit Zustimmung der beteiligten Mächte und offiziell durchgeführt, galt tatsächlich zu jener Zeit als moderne Lösungsstrategie nationaler Fragen. Für die einen galt eine Zukunft in Nationalstaaten als modern; HENRIETT KOVACS (Budapest) zeigte jedoch, dass Bertha von Suttner ein Ende der Nationen für das 20. Jahrhundert und ihr Aufgehen in einer Weltbevölkerung prognostizierte.

In den Diskussionen fiel dabei immer wieder ins Auge, in welchem Maße Untergangs- und Zukunftsvorstellungen stets zusammenhingen, was bedeutete, dass dem Untergangsszenario meist eine Katharsisfunktion zugeschrieben wurde – das unvermeidliche Durchschreiten eines dunklen Tals, um dann doch in eine lichte Zukunft eintreten zu können. In all ihrer Unterschiedlichkeit wiesen die Papers doch mehrfach Gemeinsamkeiten auf und ließen sich dieselben Fragestellungen diskutieren.

Zentrale Begriffe von Untergangs- und Zukunftsvisionen um die Jahrhundertwende waren Rückständigkeit und Modernisierung. Im selben Zeitraum und im selben Imperium kann gleichzeitig Modernisierung von unterschiedlichen Gruppen gefordert, aber mit gänzlich anderen Inhalten ausgestattet werden. Gleichzeitig bedeutete nicht, dass dieser Begriff von bestimmten Gruppen ausschließlich vorgebracht wurde, die grundsätzlich als Neuerer galten. ROLAND CVETKOVSKI (Köln) referierte über Russische Konservative, die viele Ideen für Erneuerung vor brachten, aber stets den Begriff der Revolution vermeiden wollten. Sie bauten bei ihren Zukunftsvisionen auf gewachsenen Strukturen wie Glaube, Geschichte und Staat. Modernisierung wurde allerdings auch häufig mit Technisierung gleichgesetzt bzw. wahrgenommen. Bertha von Suttner beschrieb in "Maschinenalter" die Menschheit im 19. Jahrhundert als Kinder, welche durch Technik erst erwachsen wurden, wie Kovacs darstellte. KLAUS GESTWA (Tübingen) betonte: Viele Utopien speisten sich aus der technologischen Neuerung, da diese erst zur Basis von neuen Ideen wurde.

WOLFGANG KNÖBL (Göttingen) sprach die unterschiedliche geographische Zuordnung an. Russland etwa wird als Teil Europas verstanden, ebenso häufig jedoch auch nicht. Auch "Amerika" wird unterschiedlichst gedeutet – somit stellt sich laut MARTIN KOHLRAUSCH (Leuven) die Frage wo Amerika liegt und was es bedeutet. JAN C. BEHRENDS (Potsdam)behandelte den russischen Blick auf amerikanische Metropolen und zeigte die Diskrepanz auf, dass die USA einerseits modern, demokratisiert also positiv konnotiert wurde, andererseits aber negativ, indem dort hauptsächlich Partikularinteressen einiger Einflussreicher rücksichtslos auf Kosten der Masse vertreten werden. In der Zeit Stalins bleibt dieses Amerika einerseits als Zukunftsvision andererseits als Zukunftshorrorvision.

In seiner Einleitung sprach Peter Haslinger von einem kommunikativen Grundbedürfnis der Menschen, womit bei den Akteuren Untergangsszenarien und Zukunftsvisionen auf individuelles Mitteilungsbedürfnis treffen. SONJA KOROLIOV (Innsbruck) erklärte, dass diese Ideen häufig verschriftlicht und aus der Perspektive der Auflehnung des kleinen Mannes gegen "die Großen" verfasst würden. Doch nicht nur die Intentionen hinter der Urheberschaft gelte es zu berücksichtigen, sondern auch wer sich wo und wann äußerte, öffentlich oder privat oder in einem internen Interessenskreis. War der Autor ein Beamter, stake holder, ein autorisierter Sprecher einer Gruppe, eine öffentlich anerkannte moralische, religiöse oder institutionelle Autorität, ein sogenannter Experte oder ein Journalist? War der Autor Teil der Geschehnisse also in der Öffentlichkeit sichtbar bereits vor Verfassung seines Werkes? Oder tritt er erst danach aus seiner „Kaffeehausperspektive“ (Haslinger) heraus? Sicherlich darf hier, gerade im Hinblick auf Bertha von Suttner, der Genderaspekt nicht vernachlässigt werden. Vielen Urhebern sei vielleicht gar nicht daran gelegen gewesen, dass ihre Inhalte auf diese Weise interpretiert wurden, wie sie später Verbreitung fanden.

Auch die Ausgangssituation bzw. das zündende Ereignis für das Nachaußentreten müsse mitberücksichtigt werden. Gibt es identifizierbare Ereignisse, die diese individuellen Entwürfe provozieren? Was sind gesellschaftliche Bedingungen und Konstellationen, die Entwürfe, insbesondere in Imperien, „scharf“ machen (Haslinger). Wiederkehrend in den Papers– so etwa bei Scheer, Renghart und Kovacs – fanden sich multinationale Gesellschaften, deren Krisen- und Kriegsstimmung, sowie soziale Umwälzungen im Kontext von Untergangsszenarien und Zukunftsvisionen.

Die Diskussion ergab, dass sich in den Untergangsszenarien und Zukunftsvisionen stets wiederkehrende Inhalte und Leitmotive unabhängig von Entstehungszeitraum und -ort festmachen lassen. In der Literatur gibt es zwei Hauptorte für die Austragung: entweder die Szenerien spielen sich im eigenen Land ab (zeitgleich, früher oder später) und zeigen eine Entwicklung auf oder sie schaffen utopische Räume / Phantasiewelten, wie Mergelsberg erläuterte. Dabei erfolge eine Kritik an herrschenden Systemen und es stelle sich die Frage, ob Untergangsszenarien stets mit Zukunftsvisionen verknüpft sein müssten.

MARTIN RENGHART (Julbach) stellte den Roman "Quo Vadis“ vor, in dem sich ein österreichisch-ungarischer Offizier über die herrschenden Verhältnisse auslässt, aber eigentlich keine Zukunftsvision anbietet. Er ist ein Beispiel für eine Schilderung, worauf die Verhältnisse hinauslaufen, wenn nicht eingeschritten wird, ohne jedoch gleichzeitig eine Lösung anzubieten. Es gibt somit auch "echte Untergangsszenarien ohne Licht am Ende des Tunnels", wie Seixas für den Diskurs im postimperialen Spanien bemerkte.

Neben der wiederkehrenden Inszenierung einer Bedrohung von innen, etwa durch Nationalismus oder unfähige Politiker kommt es auch zu Entwürfen einer Bedrohung von außen. Viele der papers beschäftigten sich mit geographischen Grenzen, vor allem was damit in Zukunft passieren soll. Historische Akteure forderten diese abzuschaffen oder zu verstärken, liebäugelten mit Kolonisation und Expansion, und drohten mit Verlust von Staat und Identität. Häufig, aber nicht immer, stand die Bedrohung von außen in Zusammenhang mit dem Verlust staatlicher Integrität oder eigener Zukunft. Hintergründe können auch religiösen Ursprungs sein, wie apokalyptische Darstellungen. Wiederkehrende Werkzeuge in der Darstellung sind laut Rolf auch (pseudowissenschaftliche) Angaben, durch Statistiken und in Landkarten.

Die Diskussion widmete sich auch der Frage, wer Konzepte von Zukunftsperspektiven und Untergangsstimmung in die Öffentlichkeit bringt bzw. einen meist intellektuellen kleinräumigen Diskurs in die breite Masse, wie CLAUDIA WEBER (Hamburg) es formulierte. Meist findet eine Umsetzung nicht nur durch "klassische" Medien statt, wie Zeitungen und Karikaturen, sondern auch durch Geistliche. Grundsätzlich aber braucht es laut Scheer Übertragungsmedien, die einen komplexen Diskurs einfacher weitergeben. Beispiele seien die im Verlauf des 19. Jahrhunderts neu entstandenen Kommunikationsformen und -foren und die explosive Vermehrung von Alphabetismus und damit der Zeitungslandschaft im Verlauf des 19. Jahrhunderts, sowie im Anschluss der Beginn des Kinos. In der Diskussion wurde allerdings auch die Frage gestellt, inwiefern die einfachen Leute überhaupt solche Szenarien brauchen (Seixas, Weber). War einem Soldaten an der Front nicht Heimat, Überleben und Kameradschaft vielmehr wichtig als abstrakte Ideen vom Vaterland und dessen Untergangsszenarien?

Es kann durchaus passieren, dass nur eine ganz kleine Gruppe der Gesamtbevölkerung eines Staates eine Situation als krisenhaft versteht. Der Autor mit seinen Ansichten nur eine Minorität ansprechen kann. Ein- und dasselbe Imperium kann in derselben Zeit von verschiedenen Gruppen anders gedeutet werden. IVARS IJABS (RIGA) berichteten von der lettischen Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts, in der einige die Zugehörigkeit zum Russischen Reich als ein Grund für die Modernisierung deuteten. Vor allem wurde die Überzeugung propagiert, man könne nur innerhalb des Imperiums Stärke besitzen. Was somit für den einen die Utopie, kann für den anderen das Untergangsszenario sein (Haslinger). ELISABETH HAID (Wien) befasste sich mit dem multiethnischen Galizien, wobei jede Bevölkerungsgruppe gleichermaßen als Opfer / Anspruchsberechtigter wie Täter /Unterdrücker stilisiert wurde. Es seien gerade Peripherien wie Galizien, die spätere opinion leader kennengelernt und danach ihre Thesen formuliert hatten. Seixas nannte in diesem Zusammenhang Franco’s Erfahrung auf Kuba, Scheer die habsburgische Erfahrung der Besetzung des Sandschak, welche zum Mit-Inbegriff der Balkanerfahrung und damit einhergehend nationalen Bedrohungsszenarien wurde.

Häufig werden in Untergangsszenarien und Zukunftsversionen andere Länder als Vergleich verwendet, auch wenn dies gar nicht der tatsächlichen Situation dort entspricht oder völlig anders wahrgenommen wird. Seixas berichtete, wie in Spanien Österreich-Ungarn als Zukunftsperspektive propagiert wurde, wie dies funktionieren konnte. Was in Österreich-Ungarn als eine Ursache für den Untergang wahrgenommen wurde, wurde in Spanien positiv verortet. Auch vergleichende Schlagworte wurden gebraucht, etwa das Bedrohungsszenario der Balkanisierung für Spanien, wenn es zu einer territorialen Zersplitterung kommt.

Schließlich ging es in der Diskussion um die Konsequenzen von Untergangsszenarien und Zukunftsvisionen. Oftmals gab es gar keine Konsequenzen, da diese erst durch heutige LiteraturwissenschafterInnen und HistorikerInnen Verbreitung fanden, weil diese sie in den literarischen und historischen Kontext einbetten und ihnen damit nachträglich eine viel größere Bedeutung zumessen als sie ursprünglich bestand. Auffallend, aber nicht wirklich überraschend, ist, dass politische Entwürfe handlungspragmatisch formuliert waren, während intellektuelle Szenarien häufig folgenlos blieben. Letzeres passierte aus verschiedenen Gründen, etwa, weil sie auf kein breites Interesse stießen oder aufgrund einer herrschenden Zensur nicht öffentlich verbreitet werden konnte. Viele Zukunftsvisionen und Untergangsszenarien wurden somit in ihrer Entstehungszeit nicht wirklich aufgenommen und ihre Verbreitung blieb auf einen kleinen Kreis beschränkt. Oft wirken Systemumbrüche wie Revolution oder Krieg erst als Katalysator für eine Umsetzung, denn sie schufen neue Handlungsmöglichkeiten (Haslinger). Somit können selbst jene Utopien und Untergangsszenarien, die nicht in die Realität übergingen, nicht als gescheitert betrachtet werden, da sie durch die Behandlung der nachfolgenden Generationen (auch von WissenschaftlerInnen) in ihrer Betrachtung der damaligen Gesellschaft und Politik Eingang fanden. Doch auch wenn die Utopie oder Untergangsszenario von der breiten Masse gelesen wurde, bedeutet dies nicht, dass sie Wirkungsmacht erhielten. Bertha von Suttner beispielsweise oder Mor Jokai wurden zur reinen Unterhaltung gelesen, wie Matthias Schwartz feststellte. Meist mangelte es an der Systematisierung der Umsetzung, etwa der Schaffung von Strukturen für deren Verbreitung, wie (politischer) Vereine. Dies zeigte sich auch im Vortrag ALEXA VON WINNINGs (Stuttgart) zu russischen Zukunftsentwürfen. Die religiösen Zukunftsvisionen der Moskauer Adeligen blieben in dieser Gruppe und bewegten sich nicht nach außen.

Die Konjunktur von Untergangsszenarien und Zukunftsvisionen ist das Kind einer Zeit; die häufig mit erhöhten Krisenwahrnehmungen und/oder tatsächlichen Gewaltkonflikten einhergeht. Ihre Wirkungsmacht wird erst im ganzen Umfang sichtbar und verständlich, wenn alle Faktoren mitberücksichtigt werden, wie Hintergrund des Urhebers, Rezeption und Konsequenzen des Dargestellten. Die wissenschaftliche Bearbeitung benötigt dabei - das hat die Konferenz deutlich gezeigt - unterschiedlichste Zugänge, neben der Geschichtswissenschaft und Literaturwissenschaft, vor allem auch die Soziologie, Psychologie und Kommunikationswissenschaft. Was die beiden ersteren angeht, so dürften sich hier neue Ansätze für die Imperienforschung, aber auch für die postimperialen Kontexte ergeben. Dabei darf der transimperiale Vergleich ebenso wenig vernachlässigt werden, wie jener zu anderen Staatsformen, die dem Imperium folgten: Nationalstaat, Föderation, Diktatur, oder Kommunismus.

In seinem Abschlusskommentar betonte XOSE M. NUNES SEIXAS (München), dass die „Zukunft wohl immer stärker ist, als der Untergang“, dass sich also jene Visionen durchzusetzen vermochten, die eine pragmatische Vorstellung von gesellschaftlicher Umgestaltung und Neuordnung anboten. In diesem Zusammenhang sollte auch der Erfolg des Nationalstaates nach dem Ersten Weltkrieg gedacht werden. „Pragmatische Utopien“ überzeugen durch die Eröffnung sozialer und politischer Möglichkeitsräume.

Konferenzübersicht:

Malte Rolf (Bamberg) / Peter Haslinger (Marburg), Begrüßung und Einführung in die Konzeption der Tagung

Imperiale Ambitionen und Untergangsängste am Vorabend des Ersten Weltkriegs
Moderation: Peter Haslinger (Marburg)

Jannis Wagner (Berlin), Weltmacht und Welt von Feinden. Selbstbilder, Weltbilder und extreme Emotionen im Wilhelminismus

Christian Dietrich (Frankfurt an der Oder), Utopie und Barbaren – das Russlandbild in den Periodika des bürgerlichen Zionismus in Deutschland am Vorabend des Ersten Weltkriegs

Martin Renghart (Julbach), Zukunftsvisionen in Wien am Vorabend des Ersten Weltkriegs

Kommentar: Raphael Utz (Jena)

Erster Weltkrieg und Konzepte zur territorialen Neuordnung Europas
Moderation: Klaus Gestwa (Tübingen)

Elisabeth Haid (Wien), Ein Bild der Zerstörung oder Tabula rasa? Zukunftsperspektiven für Galizien im Ersten Weltkrieg

Svetlana Suveica (Regensburg), Reviving Greater Russia, reconfiguring regional borders?
A ‘Russianproject’ for post-WW I Bessarabia

Robert Walter (Münster), Siegfried Lichtenstaedter – Vordenker einer ethno-nationalen Neuordnung Europas

Kommentar: Wolfgang Knöbl (Göttingen)

Keynote:

Xosé M. Núñez Seixas (München), Die Nation mit oder nach dem Empire: Zur Rolle der Kolonien in der spanischen Nationsbildung (1830-1975)

Endzeitlandschaften und ihre literarische Verarbeitung
Moderation: Thomas Daiber (Gießen)

Sonja Koroliov (Innsbruck), Puškin und die dunkle Seite der Aufklärung: Atomisierung und
Endzeitlandschaft

HenriettKovács (Budapest), Universalismus oder Isolation? Gegenwarts- und Zukunftsbilder bei Mór Jókai und Bertha von Suttner

Tim Mergelsberg (Berlin), Zwischen Neuem Menschen und altem Russland. Remizovs Affenorden Obezvelolpal als utopischer Raum

Kommentar: Matthias Schwartz (Berlin)

Konservativismus und Okkultismus als Utopieentwurf und Kulturkritik
Moderation: Raphael Utz (Jena)

Roland Cvetkovski (Köln), Reaktion als Aufbruch. Zur Entstehung der konservativen Ideologie in Russland im frühen 19. Jahrhundert

Alexa von Winning (Stuttgart), Moralische Erneuerung in der europäischen Moderne: Religiös-Konservative Zukunftsentwürfe für Russland und die Welt, 1905-1914

Kommentar: Julia Mannherz (Stockholm)

Krise, Reform und Erneuerung in politischen Zukunftsentwürfen
Moderation: Matthias Schwartz (Berlin)

Victor Taki (Edmonton), Ottoman Decline and Russian Revival: The Orientalist Utopia of
Konstantin Leontiev (1831-1891) in Context

Daniela Javorics (Wien), Utopien zur Umgestaltung der Habsburgermonarchie bei Oszkár Jászi und Karl Renner (1900-1920)

Kommentar Peter Haslinger (Marburg)

Ethnisch-nationale Zukunftsentwürfe
Moderation: Martin Kohlrausch (Leuven)

Ivars Ijabs (Riga), Zwischen konkurrierenden Zukunftsszenarien: der frühe lettische Nationalismus in seinem interkulturellen Kontext

Marharyta Fabrykant (Minsk), Bored with Empire? Reappropriation of Russian Imperial Experience in Belarusian Nationalist Discourse, 1881-1910

Jakub Machek (Prag), Early Czech utopian fiction. Nationalist dreaming about the ideal world

Kommentar: Klaus Gestwa (Tübingen)

Alternativen und Selbstbestimmung
Moderation: Malte Rolf (Bamberg)

Lukáš Fasora (Prag), Antikapitalismus, Antimilitarismus, Antiklerikalismus. … und Revolution? Sozialistische Jugendbewegung in Böhmen und Mähren 1900-1920

Tamara Scheer (Wien), Habsburger und Osmanisches Reich im selben Boot? Untergangsstimmung im Sandžak Novi Pazar als Ausgangspunkt für eine neue Allianz zwischen zwei Imperien (1879-1908)

Kommentar Stefan Rohdewald (Gießen)

Moderne Metropolen als Zukunftsvisionen 1890-1930
Moderation: Julia Mannherz (Stockholm)

Jan C. Behrends (Potsdam), Zukunftsvision oder Albtraum? Der russische Blick auf amerikanische Metropolen

Kommentar Martin Kohlrausch (Leuven)

Abschlusskommentar: Xosé M. Núñez Seixas (München)


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Published on
10.07.2014
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