L’image du militaire en Allemage et en France au 19eme et 20eme siecles. Armees, soldats: Regards croises

L’image du militaire en Allemage et en France au 19eme et 20eme siecles. Armees, soldats: Regards croises

Organizer(s)
Centre d’Études d’Histoire de la Défense, Militärgeschichtliches Forschungsamt Potsdam in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Institut Paris; Organisation: Jörg Echternkamp, Stefan Martens, Thierry Widemann
Location
Paris
Country
France
From - Until
23.05.2008 -
Conf. Website
By
Svenja Banken, Aachen; David Friedrichsdorf, Heidelberg

Am 23. Mai 2008 fand am Deutschen Historischen Institut Paris (DHIP) die 5. deutsch-französische Tagung zur Militärgeschichte statt, die JEAN-CHRISTOPHE ROMER und THIERRY WIDEMANN für das Centre d’Etudes d’Histoire de la Défense (CEHD), JÖRG ECHTERNKAMP für das Militärgeschichtliche Forschungsamt (MGFA) und STEFAN MARTENS für das DHIP in thematischer Fortsetzung der vorangegangenen Tagung 2007 konzipiert hatten.

Welches Selbstverständnis entwickelte das deutsche und französische Militär? Wie wurden die Armeen im eigenen Land und »von außen« wahrgenommen? Wie wirkte sich der Wandel von Selbst- und Fremdwahrnehmung auf militärisches Handeln aus? Fragen nach dem »Bild« der Soldaten – im konkreten wie im übertragenen Sinn – zielen zum einen auf die Binnenstruktur des Militärs, zum anderen auf das Verhältnis von Militär und ziviler Gesellschaft, wo es etwa um die Wehrpflicht, die Propaganda oder die Werbung geht. Der grenzüberschreitende Blick auf das Militär ermöglicht darüber hinaus den Vergleich, lässt Einflüsse erkennen und eröffnet so einen Zugang zu einer deutsch-französischen Beziehungsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Die internationale Vorbildfunktion von Wehrverfassungen und militärischen Reformen, die Vorstellungen von einem spezifischen Soldatentypus, die Wahrnehmung der französischen Gewahrsamsmacht durch deutsche Kriegsgefangene oder die Selbstdarstellung der Bundeswehr in Text und Bild auf den Plakaten ihrer Freiwilligenwerbung waren einige der Themen der diesjährigen deutsch-französischen Tagung zur Militärgeschichte.

CHRISTIAN KEHRT (Deutsches Museum, München) eröffnete die Sitzung und stellte das Bild des deutschen Jagdfliegers in der Zwischenkriegszeit vor, das zwischen militärischem Pathos, technischem Fortschrittsglauben und der Idealisierung der Jugend wechselte. Der Erste Weltkrieg, so lautete Kehrts These, erfand den Piloten als Helden, der im ritterlichen Kampf seinem Feind von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht und damit das Gegenstück zum anonymen Grabenkämpfer darstellt. Vor dem Krieg war Frankreich in Europa auf dem Gebiet der aufkommenden Fliegerei führend. Nach dem Krieg vermengte sich in Deutschland die Begeisterung für die Luftfahrt und den technischen Fortschritt dieses neuen Industrie- und Wissenschaftszweiges mit dem Bild des Piloten als Helden, als Vorbild für die Jugend. Der Anstieg des nationalen und internationalen Luftverkehrs in der Zwischenkriegszeit verdeutlicht das positive Ansehen der Luftfahrt in der Gesellschaft. Unter den Nationalsozialisten wurden das Bild des Piloten und die Begeisterung der Gesellschaft auf die militärische Komponente ausgeweitet. Der Wiederaufbau einer starken Luftwaffe sollte Deutschland sowohl militärisch als auch technisch nach vorne bringen. Die Stellung des Piloten in der Gesellschaft und die Karrierechancen für junge Männer, die in den 1920er-Jahren mit der Luftfahrtbegeisterung sozialisiert wurden, bildeten das Rückgrat der Göringschen Luftwaffe. Gerade im Vergleich zur Entwicklung in Frankreich legte Kehrt in der anschließenden Diskussion großen Wert auf die Feststellung, dass das Bild des Piloten – insbesondere das des Jagdfliegers – sowohl in den 1920er- als auch in den 1930er-Jahren stets militärisch akzentuiert war.

Anschließend referierte PATRICE BUFFOTOT (Universität Paris I-Sorbonne) über den Einfluss des deutschen Wehrpflichtmodells auf Frankreich im 19. und 20. Jahrhundert. Der preußischen wehrpflichtigen Armee war die französische Berufsarmee sowohl an Mannschaftsstärke, als auch an technischen und taktischen Details unterlegen. Die nach der Niederlage von 1871 einsetzende Debatte in Frankreich zeigt, dass man die Notwendigkeit einer Reform des Militärwesens erkannte. Eine rasche Einigung über ein neues Militärmodell stellte sich aufgrund politisch gegensätzlicher Vorstellungen aber als schwierig heraus. Schließlich setzte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Wehrpflicht mit drei Jahren Dauer durch. Deren Dauer wurde 1913 auf zwei Jahre verkürzt und durch die Aufstellung von Reserveeinheiten gleichzeitig eine Angleichung an das deutsche Modell vorgenommen. Den Grund für diese Entwicklung nach dem Krieg von 1870/71 sah Bouffotot in dem französischen Empfinden einer Bedrohung durch die »deutsche Gefahr«, da man einen ständigen deutschen Überraschungsangriff erwartete. Das deutsche System diente bei der Suche nach einem Modell, um einen etwaigen Angriff erfolgreich abwehren zu können als Vorbild, weil sich das deutsche Militärwesen als stärker herausgestellt hatte. Diese Überlegungen prägten die innerfranzösischen Debatten um Militärreformen bis zum Zweiten Weltkrieg und darüber hinaus. Je nach aktuellem Bedrohungsempfinden wurde die Dienstzeit entweder verkürzt oder verlängert, die Größe der Streitkräfte erhöht oder verringert. Auch nach dem Ende der von Deutschland ausgehenden Gefährdung nach dem 8. Mai 1945, war diese Gefahr in den Köpfen der Franzosen weiterhin präsent. Frankreich sperrte sich gegen die deutsche Wiederbewaffnung und die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO. Erst mit der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages 1963 wurde das deutsch-französische Verhältnis auf eine neue Grundlage gestellt und es entwickelte sich eine enge militärische Kooperation. Der Notwendigkeit einer Angleichung der militärischen Systeme, um auf Bedrohungsszenarien reagieren zu können, war nun endgültig ein Ende gesetzt. In der anschließenden Diskussion betonte Buffotot, dass das Bild der deutschen Gefahr als politische Konstruktion weiter benutzt wurde, trotz einer nach 1945 einsetzenden und sich schrittweise vertiefenden Kooperation beider Länder, um die westliche Integration, wenn nicht zu verhindern, so doch um sie aufschieben zu können.

In seinem Vortag »Ennemis imaginés – ennemis jurés: die Soldaten der Waffen-SS aus der Sicht der westlichen Alliierten« zeichnete JEAN-LUC LELEU (Centre de recherche d’histoire quantiative, Caen) die Rezeption und Wahrnehmung der Waffen-SS durch die alliierten Soldaten und die alliierten Regierungen bzw. Militärapparate nach. Er unterschied dabei zwischen drei Ebenen der Wahrnehmung: als einer paramilitärischen Einheit, deren Einsatzzweck und Organisationsgrad nur rudimentär definiert war; nach dem Kampfwert der Waffen-SS im deutschen Heeresverband und den persönlichen Empfindungen und Erfahrungen der Soldaten in Bezug auf die Waffen-SS. Wie Leleu belegte, war den alliierten Regierungen und Geheimdiensten die Waffen-SS zunächst lange nicht bekannt. In den ersten beiden Kriegsjahren wurden Waffen-SS Einheiten in der Regel als Besatzungstruppen angesehen, die nach Abzug der regulären Wehrmachtseinheiten ein Gebiet kontrollierten. Es fiel den alliierten Diensten zunächst schwer, die selbstständige, militärische Rolle der Waffen-SS zu erkennen und sie nicht den politischen und militärischen SS-Einheiten zuzuordnen. Bis weit ins Jahr 1944 wurden Waffen-SS und SS-Soldaten als paramilitärische Einheit gesehen. Deren selbstständige Rolle und das Selbstverständnis der Waffen-SS als Eliteeinheit wurden hingegen von alliierter Seite durchaus erkannt. Der Kampfwert und das Ansehen der Waffen-SS waren Schwankungen unterworfen. Bis 1944 wurde der militärische Wert der Waffen-SS gering eingeschätzt. Erst im Zuge der Vorbereitungen der Landung in der Normandie erkannte man den hohen Organisations- und Ausrüstungsgrad der SS-Einheiten. Die Geheimdienste und Erfahrungsberichte bescheinigten Ende 1944 den SS-Verbänden und speziell der Waffen-SS eine »valeur supérieure«, einen größeren Kampfwert als den Wehrmachtsverbänden, revidierten diese Einschätzung jedoch wieder in der Schlussphase des Krieges. Ihr Ansehen sank mit den ersten Kampfberührungen nach der Landung in der Normandie. Vor allem die 12. SS-Division »Hitlerjugend«, die als erste Einheit Kontakt mit westlichen Alliierten hatte, prägte maßgeblich das Bild des SS-Soldaten in den Augen der Alliierten. Ihre Einstufung als fanatische Kämpfer und mit Elitedenken behaftete Soldaten trugen ihnen auch in der Gefangenschaft einen zweifelhaften Ruf ein. Da die meisten der von ihnen verübten Verbrechen erst nach Ende des Krieges bekannt wurden, spielte diese Frage eine untergeordnete Rolle.

CLAUDE D’ABZAC-EPEZY (CEHD) behandelte anschließend die Problematik der Wahrnehmung Frankreichs durch die deutschen Krieggefangenen zwischen 1945 und 1948. Die französische Militärverwaltung war zwischen 1943 und 1948 für 1.067.000 Kriegsgefangene, darunter 937.000 Deutsche, zuständig. Eine Sektion der »Direction générale des prisonniers de guerre de l’Axe« war ausschließlich mit intellektuellen, moralischen, disziplinarischen und juristischen Fragen beschäftigt und erstellte regelmäßig Berichte über die Haltung der Gefangenen gegenüber Frankreich. Sie befinden sich heute im Archiv des Service historique de la Défense in Vincennes. Dieses Quellenmaterial ist für das Frankreichbild der Kriegsgefangenen überaus aufschlussreich. Nachdem sie zunächst an Hand von Statistiken, etwa zu Anzahl und Herkunft der Kriegsgefangenen in die Thematik eingeführt hatte, stellte d’Apzac-Epezy aus diesem Bestand das Ergebnis einer bislang unbekannten Umfrage vor, die im Februar 1947 im Auftrag des französischen Staates von einem nur namentlich bekannten »Sozial-Psychologischen Institut Baden-Baden« durchgeführt worden war. Auch wenn diese »Sondage de l’opinion publique allemande« nicht repräsentativ und über ihre Durchführung keine nähren Einzelheiten bekannt sind, so gehe einerseits aus ihr hervor, dass die Kriegsgefangenen täglich Kontakt zu Franzosen hatten, etwa bei der Arbeit, und dass antifranzösische Ressentiments weiterhin existiert hätten. Andererseits sei die Umfrage ein Hinweis für den Willen der französischen Seite, sich über die Ansichten ihrer Gefangenen zu informieren. Zudem konnte gegebenenfalls durch Gegendarstellungen, etwa in Zeitungen und mittels Propaganda, aber auch durch Sanktionierung von Machtmissbrauch gegenüber Gefangenen, wie er bei Aussagen wie »nous avons été frappés« anzunehmen ist, etwas gegen Anfeindungen getan werden. In der anschließenden Diskussion wurde auf die Problematik hingewiesen, dass eine Auswertung schwierig bleibe, wenn die über die Modalitäten und Umstände der Befragungen keine näheren Einzelheiten bekannt seien.

THORSTEN LOCH (MGFA) behandelte in seinem Vortrag das Bild des deutschen Soldaten in der Werbung und Außendarstellung der Bundeswehr zur Rekrutierung neuer Soldaten vor dem Hintergrund der Entwicklung vom Frontkämpfer zum Bundeswehrsoldaten. In der zweiten Hälfte des Ersten Weltkrieges kam es zu einer Verschmelzung von preußischem Soldatentum und nationaler Volkswehrhaftigkeit. Es entstand ein neuer Soldatentypus, der in der Weimarer Republik weiterlebte in Gestalt des Zusammenschlusses ehemaliger Frontkämpfer im »Stahlhelm«. Dieses Bild des Frontkämpfers wurde in den 1930er Jahren mit der NS-Ideologie zu einem für die »Rasse« kämpfenden »Helden« verbunden. Das Bild des neuen Soldaten der Bundeswehr ab 1955 war demgegenüber grundverschieden. In den Rekrutierungskampagnen zwischen 1956 und 1989 wurde nun das Ideal des »defensiven Soldaten« beschworen. Es fand eine Hinwendung zu einem postheroischen Soldatentum statt. Der Soldat der Bundeswehr wurde zu einem defensiven und zivil aktiven Soldatentyp. Entsprechend sind auf den Plakaten in der Regel lachende, fröhlich-offen wirkende, aber niemals kämpfende Soldaten abgebildet. Dieser Wandel lässt sich damit erklären, dass es sich hierbei um die Anwerbung von Freiwilligen für den Dienst in der Bundeswehr handelte. Nachwuchs etwa für die Offizierslaufbahn zu gewinnen, fand in früherer Zeit über militärische Eliten statt, in der Bundesrepublik aber gab es diese nicht mehr. Es mussten daher die Erwartungen des Bürgertums als Zielgruppe der Kampagnen erfüllt werden. Loch sprach in diesem Zusammenhang von der Verbürgerlichung der Bundeswehr. So wurden, in Zusammenarbeit mit zivilen Werbeagenturen, Bilder kreiert, die bürgerliche junge Männer der Bundesrepublik ansprechen sollten und dabei auch die jeweilige Jugendkultur bedienen mussten. In der anschließenden Diskussion wies er auf die Frage nach dem Bild des Bundeswehrsoldaten in den vergangenen zwanzig Jahren darauf hin, dass die Kampagnen im Grunde stets die gleichen Darstellungen zeigten, heute aber, in Zeiten von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, das Bild eines defensiven Soldaten nicht mehr der Realität entspräche.

In seiner Schlussbetrachtung der Tagung hob OLIVIER FORCADE (Universität d’Amiens) die Bedeutung der durch das Atelier aufgeworfenen Frage nach den unterschiedlichen Bildern des Soldaten sowie des Militärs in der deutschen und französischen Gesellschaft hervor. Zum einen, so lautete sein erstes Argument, eigne sich das Thema für die interdisziplinäre Forschung auf den Feldern der Geschichte, Sozialwissenschaft und der Psychologie. Zum zweiten könne die Wissenschaft im Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich wichtige Aufschlüsse über die Struktur der Armee und die gesellschaftlichen Bilder des Soldaten des eigenen oder des anderen Landes hervorbringen und somit helfen, Vorurteile abzubauen. Und schließlich stelle zum dritten dieser Forschungskomplex eine wichtige Schnittmenge aus historischer und politischer Forschung im internationalen Kontext dar. Die Ergebnisse des Ateliers fasste Forcade unter die Schlagworte »Armee – Staat – Gesellschaft«. Diese Schlüsselbegriffe lieferten wichtige Antworten, um die jeweils andere Nation und deren Armeemodell im Kontext der Zeit zu verstehen. Der Wandel von der Vergangenheit zur Gegenwart werde nachvollziehbar. Dies trifft ebenso für das Bild des Soldaten zu. Was interpretiert die Gesellschaft in das Bild »ihres« Soldaten und was interpretiert sie in das Bild des feindlichen Soldaten? Welche zeitgenössischen Werte verkörpert ein Soldat und wie sieht der Wandel des Bildes aus? In seiner abschließenden Antwort stellte Forcade heraus, dass das Bild des Soldaten als Konstruktion stets im zeitgenössischen Kontext gesehen werden müsse und als solches ständigen und mitunter schnellen Wandlungen unterliege.

Eine Drucklegung zusammen mit den Beiträgen der 4. deutsch-französischen Tagung für Militärgeschichte ist geplant. Sie werden in französischer Sprache im Rahmen der Reihe der Cahiers du CEHD erscheinen.

Kurzübersicht:

9h15–10h45
Introduction: STEFAN MARTENS, Paris / JEAN-CHRISTOPHE ROMER, Strasbourg
Président de séance: JEAN-CHRISTOPHE ROMER, Strasbourg
LINDA BRAUN, Bielefeld: «Notre Landwehr». La France et son rôle dans la conscription en Prusse
Débat
Pause

11h00–12h30
PATRICE BUFFOTOT, Paris: «L’influence du modèle de conscription allemand sur le modèle français, de l’entre-deux-guerres aux années 1970»
CHRISTIAN KEHRT, München: «Les soldats des forces aériennes allemandes dans l’entre-deux-guerres. Espériences, expectations et idendité»
Débat

14h00–15h30
Président de séance: JÖRG ECHTERNKAMP, Potsdam
JEAN-LUC LELEU, Caen: «Ennemis imaginés – ennemis jurés: les soldats de la Waffen-SS vus par les alliés occidentaux»
CLAUDE D’ABZAC-EPEZY, Paris: «La France vue par les prisonniers de guerre allemands, 1945–1948: préjugés, propagande, expériences vécues»
Débat
Pause

15h45–17h00
THORSTEN LOCH, Potsdam: «Le visage de la Bundeswehr. Les images des soldats dans la publicité d’enrôlement 1955–1970»
Débat
Conclusions: BERND WEGNER, Hamburg


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Published on
28.06.2008
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Conf. Language(s)
German
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