Z. Shakibi: Revolutions and the Collapse of Monarchy

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Title
Revolutions and the Collapse of Monarchy. Human Agency and the Making of Revolution in France, Russia and Iran


Author(s)
Shakibi, Zhand
Published
London 2007: I.B. Tauris
Extent
287 S.
Price
£ 57.50
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Sebastian Wehrstedt, Halle/ Saale

Zhan Shakibi legt mit seinem Buch einen weiteren Beitrag zum klassischen Thema zum Themenkomplex der Revolution vor und schon zu Beginn der Lektüre stellt sich eine gewisse Erwartungshaltung im Bezug darauf ein, worin das Alleinstellungsmerkmal und der Gewinn einer weiteren Monographie liegen können. Dies erläutert der Autor jedoch gleich zu Beginn und verweist auf die seiner Meinung nach drei neuen Dimensionen des Buches: Erstens habe es bisher noch keinen Vergleich der 3 Revolutionen, des bourbonischen Frankreichs, Romanovschen Russlands und des Irans der Pahlavi-Zeit gegeben. Zweitens füge er ein neues strukturelles Element in seine Betrachtung ein: den Monarchen und die ihm unterstehenden Institutionen, welche in den Betrachtungen der Vergangenheit häufig geringe und oft gar keine Beachtung erhalten hatten. Oft stand der Monarch am Rand des Geschehens und wurde in seiner Bedeutung unterschätzt. Den dritten neuen Aspekt, der hieraus folgt, stelle das Ziel dar, zu zeigen, in welchem Maße die Monarchen selbst die Revolutionen „machten“ und nicht nur Opfer einer größeren, nicht durch sie kontrollierbaren Entwicklung waren. Damit geht Shakibi einen neuen Weg, der einige Forscher irritieren, eventuell gar provozieren mag. Doch er macht seine Sache gut:

Vor die eigentliche Betrachtung stellt der Autor dementsprechend seine methodischen Überlegungen und geht der Frage nach dem vermeintlichen Gegensatz von Struktur und Ereignis nach. Unter Verweis auf die Traditionen, die durch Tocqueville, welcher die Rolle des Staates beziehungsweise der Struktur betonte, und Thomas Carlyle, welcher die Betrachtung wichtiger Persönlichkeiten klar in den Mittelpunkt rückte, begründet wurden, führt Shakibi den Leser an seinen beide Aspekte verbindenden Ansatz heran. Davon ausgehend, dass das jeweilige Revolutionspotenzial maßgeblich strukturell bedingt ist und das Hinzukommen des Handelns der Monarchen zum unmittelbaren Ausbruch führt, reichen für ihn weder das Handeln einzelner Personen noch Strukturbedingungen zur Erklärung aus. Dies war von der Forschung der 1980er und 1990er Jahre bereits erkannt worden, nachdem einige der klassischen Grundannahmen durch die „antimoderne“ Revolution im Iran in Frage gestellt worden waren. Jene war keine allgemeine, auf freiheitliche Werte abzielende Bewegung, vielmehr ein Phänomen der Stadt und der Eliten. Desweiteren lenkte das Zustandekommen einer revolutionären Front unter Khomeini den Blick der Betrachtung wieder auf die Person. Von dieser hatte die Betrachtung des Phänomens der Masse, in der Tradition von Marx und seiner strukturellen Bedingtheit revolutionärer Erscheinungen stehend, im 20. Jahrhundert lange Zeit abgelenkt und in der Folge existierten beide Sichten nebeneinander, kamen jedoch selten ergänzend zusammen. Dies will Shabiki leisten und setzt als verbindendes Element die Betrachtung der Biographie und des Charakters ein, welche zusammen den modus operandi der betreffenden Person ausmachen. Bewusst stellt er die drei Monarchen methodisch in den Mittelpunkt um zu zeigen, dass Aspekte der human agency, Situationslogik und der Struktur jeweils ihre eigenen Berechtigungen und Vorzüge besitzen und dass die Gründe der Revolutionen sinnvollerweise entsprechend zu untersuchen seien. Zwar geht es ihm nicht darum, einen auf dem Aspekt der human agency aufbauenden Zugang zum Thema der Revolution zu erarbeiten, gleichwohl will er zeigen wie in allen drei Fällen durch den modus operandi beziehungsweise das partielle Unvermögen zum Herrschen und Lenken ein Vakuum (orig. „hole“) entstand, das die Regierung paralysierte und auf diese Art zur Revolution beitrug.

Im zweiten Kapitel, das sich mit den strukturellen Faktoren auseinandersetzt, skizziert Shakibi das sozio-politische Umfeld der Monarchen und deren Verhältnis zum Staat. Dabei geht er insbesondere auf die Bedeutung der sich herausbildenden Bürokratien, welche auf der einen Seite notwendig waren zur Entlastung, in allen drei Fällen jedoch auch Aversionen bei den Monarchen auslösten. Überhaupt zeigt das Kapitel auf interessante Art und Weise, dass die Dynamik der drei Systeme einen koordinierenden Kopf benötigte, dass alle drei Herrscher, dies schildert Kapitel 3, aber nur bedingte Eignung und Interesse für diese Rolle mitbrachten. Entzogen sich die Machthaber jedoch dem unmittelbaren Geschehen am Hof durch die Flucht in das Private, wie es oft geschah, büßten sie an Autorität und Kontrollmöglichkeiten ein. Langfristig konnte dies bedeuten, dass sich ihr Bild von der politischen und sozialen Realität derart verzerrte, dass „Revolution would then be made.“ (S. 42) Wie sich dies in den einzelnen Fällen konkret gestaltete und in welchem Maße die Handlungen der Monarchen den Lauf der Dinge beeinflussten, schildern die folgenden 3 Kapitel. Hier werden auch externe Faktoren, die in ihrer Bedeutung auf den Lauf der Dinge gerade im Bezug auf die Revolutionen mindestens gleich, wahrscheinlich höher einzuschätzen sind, eingeflochten. So zum Beispiel die Auswirkungen des Krimkrieges auf die russische Innenpolitik oder das Verhältnis des Irans zu Großbritannien und Russland beziehungsweise das Emanzipationsbegehren gegenüber diesen. Gerade bei der Erklärung des Verhältnisses des letzen Shahs zum Westen werden die Vorzüge des Buches deutlich. Shakibi betrachtet den Werdegang (Ausbildung in der Schweiz), die politischen und kulturellen Traditionen des Irans, aber auch die Gründe für die westliche Orientierung der neuen Politik, um zu zeigen auf welch oft direkte Art und Weise das politische Handeln die Charakterzüge des Herrschers annehmen konnte.

Nach dem Durchlauf durch die verschiedenen Szenarien fasst Shakibi zusammen, dass alle drei monarchischen Systeme den gleichen Problemen gegenüberstanden. Dies waren die effektive Koordination der höchsten Staatsdiener, maßgeblich durch den Monarchen selbst, und das Verfolgen einer den Umständen angepassten Politik. Hinzu kam die fast vollständige Deckungsgleichheit von Staat und Regierung beziehungsweise die damit verbundene Kopplung von Erfolg/Misserfolg und Legitimität der Herrschaft. Können andere politische Systeme (z.B. die Republik) auf Schockabsorber und Vermittler zurückgreifen, fielen hier Fehler und Misserfolge oft auf den Monarchen zurück oder untergruben seine Autorität („If the king only knew“, S. 25) durch eine tatsächliche oder imaginäre Trennung von den Geschehnissen im Land. Hatte sich eine solche Kluft entwickelt, besaß sie, bedingt durch das Eigeninteresse von einzelnen oppositionellen Gruppen und Personen im Zusammenspiel mit den Charaktereigenschaften des Monarchen, fast immer die Tendenz zur Verstetigung, Vertiefung und langfristig zum offenen Bruch.

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Published on
14.05.2010
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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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