I. Baghdiantz McCabe: A History of Global Consumption

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Title
A History of Global Consumption 1500–1800.


Author(s)
Baghdiantz McCabe, Ina
Published
London 2015: Routledge
Extent
302 S.
Price
€ 132,32
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Manuel Schramm, Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz

Spätestens seit der Publikation des Buches von Kenneth Pomeranz über die „Great Divergence“1 ist das Interesse an einer Globalgeschichte des Konsums in der Neuzeit merklich angewachsen. Im Zentrum stehen meist Fragen, wie die nach den Ursachen und dem Beginn der Divergenz zwischen Westeuropa und dem Rest der Welt, sowie die Frage, ob es die von Neil McKendrick und anderen für England behauptete Konsumrevolution des 18. Jahrhunderts auch in anderen Teilen der Welt gegeben hat.2 Daneben erfreuen sich auch Studien einer großen Beliebtheit, die anhand der Geschichte einzelner Güter Verbindungen zwischen verschiedenen Teilen der Welt und Globalisierungsprozesse verdeutlichen wollen. Insbesondere die Geschichte der Genussmittel hat dabei neue Aufmerksamkeit erfahren.3

Bei der Fülle an neuen Publikationen ist es nur zu begrüßen, dass sich Ina Baghdiantz McCabe der Aufgabe unterzogen hat, die Globalgeschichte des Konsums in der Frühen Neuzeit in einer zusammenfassenden Monographie darzustellen. Das Buch richtet sich vor allem an Studierende (undergraduates) an amerikanischen Universitäten. Neue Erkenntnisse oder spektakuläre Thesen sollte man daher nicht erwarten. Die Autorin ist Expertin für die Geschichte des eurasischen Fernhandels und somit durchaus qualifiziert für die schwierige Aufgabe.

Das Buch enthält, und das ist wohl gleichzeitig seine zentrale Stärke wie Schwäche, eine Fülle an Informationen über Konsum und Handel in fast allen Teilen der Welt (ausgenommen vielleicht Australien und Ozeanien) zwischen 1500 und 1800, angefangen von Sammlungen in der europäischen Renaissance bis zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Da es eine große Zahl an Titeln vor allem englischsprachiger Literatur verwendet, ist es als Einstieg in bestimmte Themen gut zu verwenden. Als ganzes Buch ist es aber eine etwas schwere Lektüre. Oftmals stehen die einzelnen Themen unvermittelt nebeneinander. Auch die einzelnen Kapitel sind in sich sehr heterogen. Das erste Kapitel („Collecting the world“) umfasst allein folgende Themen: Reisen und Geschenke zwischen Europa und Asien im späten Mittelalter; Kleidung und soziale Schicht im 16. Jahrhundert; die Eroberung Konstantinopels und der Fernhandel durch das Osmanische Reich; der Aufstieg der Medici; Bücher als Konsumgüter; Vorstellungen der neuen Welt; Alchemie; Kuriositätenkabinette; der Transfer von Gütern nach Amerika; die Preisrevolution des 16. Jahrhunderts; Zucker im Osmanischen Reich. Bei der Fülle an Themen geht der rote Faden leider allzu oft verloren: Die Kapitel scheinen grob chronologisch angeordnet zu sein, greifen aber immer wieder vor und zurück.

Eine zentrale These sucht man in dem Buch vergeblich. Die Debatte um die „Great Divergence“ wird (mit einiger Sympathie für Pomeranz) wiedergegeben, aber die Autorin enthält sich einer eigenen Meinung. Allerdings macht sie zu Recht deutlich, dass bestimmte Elemente moderner Konsumgesellschaften, wie z.B. die Mode, kein rein westliches Phänomen darstellten, sondern auch in anderen Gesellschaften wie China oder Japan zu finden waren.

Das Buch hat allerdings auch klare Grenzen. Zum einen liegt der Schwerpunkt trotz der imponierenden Fülle an Themen doch eindeutig auf Elitenkonsum, Luxusgütern und Fernhandel. Die in der Frühen Neuzeit so verbreiteten Hungerrevolten kommen nur am Rande vor, im Zusammenhang mit der Französischen Revolution. Zum anderen wird der Wert des Buches durch zahlreiche Ungenauigkeiten und Fehler im Detail getrübt. So waren die Niederlande zwar eine Republik, aber keine Demokratie; Konstantinopel wurde erst im 20. Jahrhundert in Istanbul umbenannt; wie stark steigende Preise mit einer gleichzeitigen Deflation zu vereinbaren sind, wäre zumindest erklärungsbedürftig; die Merkantilisten waren durchaus nicht alle der Meinung, der Staat müsse möglichst viele Edelmetalle horten; die Melancholie wurde nach der traditionellen Humoralpathologie nicht durch einen Überschuss an Schleim verursacht, sondern an schwarzer Galle; und das britische Empire vereinte sehr unterschiedliche Gebiete und war sicher kein Reich von Konsumentenkolonien.

Letztlich hinterlässt das Buch somit einen zwiespältigen Eindruck. Am besten mag es als Einstieg in bestimmte Themen und als Hilfe bei der Literaturrecherche genutzt werden.

Anmerkungen:
1 Kenneth Pomeranz, The Great Divergence. China, Europe, and the Making of the Modern World Economy, Princeton 2000.
2 Neil McKendrick / John Brewer / John Plumb, The Birth of a Consumer Society. The Commercialization of 18th century England, London 1982.
3 Z.B. Angelika Epple, Das Unternehmen Stollwerck. Eine Mikrogeschichte der Globalisierung, Frankfurt 2010; Julia Laura Rischbieter, Mikro-Ökonomie der Globalisierung. Kaffee, Kaufleute und Konsumenten im Kaiserreich, 1870–1914, Köln 2011; Peer Vries, Zur politischen Ökonomie des Tees. Was uns Tee über die englische und chinesische Wirtschaft der frühen Neuzeit sagen kann, Wien 2009; Annerose Menninger, Genuss im kulturellen Wandel. Tabak, Kaffee, Tee und Schokolade in Europa (16.–19. Jahrhundert), Stuttgart 2004.

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Published on
06.11.2015
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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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