Geschichte des Bruttosozialprodukts

: Die Erfindung des Bruttosozialprodukts. Globale Ungleichheit in der Wissensgeschichte der Ökonomie. Göttingen 2013 : Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN 978-3-525-37031-5 344 S., 3 Tab. und 5 Grafiken € 54,99

: Die Macht der einen Zahl. Eine politische Geschichte des Bruttoinlandsprodukts. Berlin 2013 : Suhrkamp Verlag, ISBN 978-3-518-12673-8 186 S. € 16,00

Reviewed for Connections. A Journal for Historians and Area Specialists by
Roman Köster, Historisches Institut, Universität der Bundeswehr München

Die Arbeiten von Philipp Lepenies und Daniel Speich Chassé zur Geschichte des Bruttosozialprodukts (BSP) bzw. des heute verwendeten Bruttoinlandsprodukts (BIP) können als Teil einer erfreulichen Konjunktur der Geschichte des ökonomischen Denkens betrachtet werden. Während dieses Feld bis vor wenigen Jahren eher ein Nischendasein führte, hat nicht zuletzt die Problematisierung ökonomischer Wissensbestände im Zuge der jüngsten Finanzkrise eine vermehrte Beschäftigung mit ihrer Geschichte angeregt. Das geht Hand in Hand damit, dass die traditionelle dogmenhistorische Fokussierung auf den Theoriefortschritt herausgefordert und stattdessen für eine stärkere historische Kontextualisierung des ökonomischen Denkens plädiert wird.

Die hier zu besprechenden Arbeiten demonstrieren allerdings auch, dass diese Kritik zu einer Segmentierung zwischen „Insidern“ und „Outsidern“ geführt hat: auf der einen Seite Ökonomen, die sich mit vertrauten dogmenhistorischen Fragestellungen beschäftigen, auf der anderen Seite Sozial- und Geisteswissenschaftler, die eine kritische Rekonstruktion ökonomischer Theorien und Expertise fordern, zumeist aber nicht dem Fach selber entstammen. Ein Austausch zwischen diesen beiden Lagern findet bislang noch kaum statt. Während sich die „Insider“ mit den behandelten Wissensbeständen in der Regel besser auskennen, scheuen sie deren kritische Kontextualisierung zumeist wie der Teufel das Weihwasser. Umgekehrt zeigt sich bei den „Outsidern“ häufig eine gewisse Nonchalance im Umgang mit ökonomischen Theorien, was oftmals dazu führt, dass gewagte Thesen auf einer recht überschaubaren Lektürebasis formuliert werden.

Philipp Lepenies, Ökonom am Potsdamer Institute for Advanced Sustainability Studies, hat einen längeren Essay zur politischen Geschichte des Bruttoinlandsprodukts vorgelegt. Gemeint ist damit die Errechnung einer statistischen Größe, in der sich das „Volksvermögen“ (so die ältere Bezeichnung) bzw. die wirtschaftliche Leistung eines Landes zusammenfassend ausdrücken lässt. Erste Versuche in dieser Richtung gehen auf William Petty zurück, den „Vater“ der modernen Wirtschaftsstatistik, der bereits im 17. Jahrhundert den Versuch unternahm, das produktive Vermögen des englischen Volkes zu berechnen. Diese Anstrengungen wurden aber erst nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgenommen. Eine wichtige Rolle spielten dabei Colin Clark in Großbritannien und Simon Kuznets in den USA. Besonders Clark unternahm in den 1930er-Jahren entscheidende Schritte zur Erarbeitung einer internationalen Wirtschaftsstatistik. Aber auch die Notwendigkeit, in Deutschland angesichts der Reparationsforderungen nach dem Ersten Weltkrieg eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zu erstellen, beschreibt der Autor als bedeutsam für die Geschichte der Errechnung des BSP.

Trotz aller Kritik an der konkreten Berechnungsmethode des BSP gibt es Lepenies zufolge bislang keinen besseren Indikator für die Berechnung und Darstellung der Wirtschaftsleistung eines Landes. Dabei sieht er die kommunikative Funktion dieses Indikators vor allem darin, den Diskurs über soziale Gerechtigkeit zu strukturieren. Seiner Behauptung, das BSP habe dem traditionellen Diskurs darüber die Grundlage genommen, werden zwar sicherlich nicht alle Beobachter zustimmen. Jedoch macht er deutlich, was das BSP von anderen Indikatoren der Wirtschaftsleistung (wie etwa dem Index der Stahlproduktion) unterscheidet: Es ist scheinbar in der Lage, der sozialen Dimension der Wirtschaftsleistung Ausdruck zu verleihen. Es wären allerdings ein paar Worte dazu interessant gewesen, inwiefern genau diese Eigenschaft zum Gegenstand kritischer Nachfragen wurde, denn ein steigendes BSP heißt ja noch lange nicht, dass auch alle etwas davon haben.

Lepenies’ Standpunkt ist der eines historisch interessierten Ökonomen, der die Entwicklung des BSP als statistischer Messgröße in erster Linie unter der Perspektive des Theoriefortschritts betrachtet. Das erscheint mir als eine legitime Perspektive und in diesem selbst gesetzten Rahmen überzeugt die Arbeit. Gleichwohl gibt es bestimmte Punkte, an denen die Erzählung anders hätte akzentuiert werden können. So überzeichnet der Autor m.E. die Leistung der BSP-„Pioniere“ wie Clark und Kuznets teilweise deutlich. Damit soll nicht deren wissenschaftliche Leistung in Abrede gestellt werden, aber Lepenies suggeriert an manchen Stellen, vor ihnen habe es im Grunde keine vernünftige Wirtschaftsstatistik gegeben. Das erscheint jedoch angesichts der großen Anstrengungen in den 1920er-Jahren, vor allem auf dem Gebiet der Konjunkturstatistik, als übertrieben. Die wichtigen Arbeiten des Völkerbundes zur internationalen Wirtschaftsstatistik erwähnt Lepenies kein einziges Mal. Dass im Übrigen bereits der Erste Weltkrieg zu einem Aufschwung der Wirtschaftsstatistik führte, wird gerade bei der Darstellung der Entwicklung in den USA und Großbritannien vernachlässigt.

Das wesentliche Ergebnis der Arbeit ist, dass im Zuge der Weltwirtschaftskrise die Statistik methodisch avancierter wurde und dem Volkseinkommen bzw. später dem Bruttosozialprodukt als statistischer Größe zunehmend Bedeutung beigemessen wurde. Lepenies gibt aber eine recht einseitige Antwort auf die Frage, wozu diese Größen eigentlich gebraucht wurden und welche kommunikative Funktion sie erfüllten. So hätte die Geschichte der Berechnung des Volkseinkommens und des Bruttosozialproduktes insgesamt konsequenter historisch kontextualisiert werden können. Das fängt schon bei William Petty an, über den Lepenies schreibt, seine Zahlen wären bereits den Zeitgenossen nicht genau genug gewesen. Aber wenn diese bessere Zahlen gehabt hätten, was hätten sie damit anfangen sollen? Die wirtschaftspolitischen Konzeptionen veränderten sich seitdem stark und das Konzept des Staates, der die Verantwortung für das Wohlergehen der Wirtschaft übernimmt, sollte sich erst im Zuge der Weltwirtschaftskrise durchsetzen. Hier geht Lepenies an einigen interessanten Beobachtungen etwas achtlos vorbei. Wenn Roosevelt im Jahr 1936 beispielsweise das „national income“ zur Rechtfertigung seiner Wirtschaftspolitik verwendete, wie ist das im Kontext der New-Deal-Politik zu verstehen? Welche Rolle spielte es, dass mit Robert La Follette gerade ein dezidiert „progressiver“ Politiker die Wirtschaftsstatistik stärken wollte? Mir scheint, dass sich das Volkseinkommen auch deswegen etablierte, weil es im Kontext des New Deals als Kenngröße in sozialen Gerechtigkeitsdiskursen verwendet werden konnte. Das zu berücksichtigen hätte möglicherweise einen besseren Anschluss an die Nachkriegsdebatten ermöglicht.

Die zweite hier zu besprechende Arbeit, die Zürcher Habilitationsschrift von Daniel Speich Chassé, mittlerweile Förderprofessor an der Universität Luzern, hat sich eine solch weitergehende historische Kontextualisierung explizit zum Ziel gesetzt und grenzt sich vom Präsentismus der traditionellen Dogmengeschichte ab. Dabei möchte der Autor eine Beziehung zwischen der statistischen Vermessung der Wirtschaft und den entwicklungsökonomischen Diskursen über globale Ungleichheit herstellen. Die äußerst spannende Grundthese der Arbeit lautet, dass erst die Verfügbarkeit aggregierter Daten zum Bruttosozialprodukt verschiedener Länder nach dem Zweiten Weltkrieg den Diskurs über globale ökonomische Ungleichheit und die Formulierung eines überzeugenden politischen Handlungsprogramms ermöglichte. Zugleich wurde dieser Diskurs entscheidend durch die Verwendung aggregierter, nach einheitlichen Kriterien erhobener Daten strukturiert, was seit den 1970er-Jahren auch verstärkt thematisiert wurde und nicht zuletzt in der Kritik am BSP als volkswirtschaftlicher Kenngröße resultierte.

Die Arbeit ist in drei Abschnitte gegliedert. Der erste Abschnitt behandelt die „Statistische Vermessung der Wirtschaft“ und gibt – ähnlich wie bei Lepenies – einen theoriegeschichtlichen Überblick über die Messung des Volkseinkommens bzw. des Bruttosozialprodukts. Auch Speich Chassé sieht in Colin Clark und Simon Kuznets die wesentlichen Pioniere der internationalen vergleichenden Wirtschaftsstatistik. Während sich in den 1920er-Jahren die Kategorie des Volkseinkommens unter anderem wegen der ablehnenden Haltung der Historischen Schule nicht habe durchsetzen können, hätten sie in den 1930er-Jahren und 1940er-Jahren die methodischen und (insbesondere im Falle von Clark) empirischen Grundlagen für die Erstellung einer international vergleichenden Wirtschaftsstatistik gelegt. Diese habe sich dann im Zweiten Weltkrieg und im Rahmen der unmittelbaren Nachkriegsplanung als nützlich erwiesen.

Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit der „Politik mit Zahlen“, dem entwicklungsökonomischen Diskurs über globale Ungleichheit seit den 1950er-Jahren. Hier kann der Autor überzeugend zeigen, dass die statistische Größe des Volkseinkommens bzw. Bruttosozialprodukts eine wesentliche Voraussetzung für den Diskurs über soziale Ungleichheit nach dem Zweiten Weltkrieg darstellte. Er gibt einen fundierten Überblick über die Geschichte der Entwicklungsökonomie, deren optimistischen Grundannahmen besonders ab den 1970er-Jahren zunehmend vor empirische Probleme gestellt wurden. Als Reaktion darauf wurde nicht nur diese Teildisziplin selbst zunehmend pluralistisch und unübersichtlich, sondern auch die Berechnungsmethode des BSP wurde mehr und mehr in Frage gestellt und durch andere Indikatoren zu ersetzen versucht. Das resultierte dann aber letztendlich in der Diffusion der gesamten Teildisziplin, die sich schließlich kaum noch eindeutig abgrenzen ließ.

Der dritte Abschnitt greift deutlich weiter aus, indem das Programm einer Wissensgeschichte der Ökonomie entworfen wird. Dabei geht es Speich Chassé darum, sich von ideologiekritischen Erklärungsansätzen eines ökonomischen Imperialismus und der hegemonialen Implementierung des neoliberalen Mainstreams abzugrenzen. Seine These lautet, dass der heutige universalistische Anspruch der Ökonomie, alle Handlungsfelder des Sozialen zu umfassen, erst durch eine Verengung des Gegenstandsbereichs der Wissenschaft in der Zwischenkriegszeit ermöglicht wurde.

Trotz der spannenden Thematik und der größtenteils nachvollziehbaren Ergebnisse hinterlässt Speich Chassés Arbeit einen zwiespältigen Eindruck. Das liegt daran, dass dort, wo sich der Autor von der Darstellung der Entwicklungsökonomie löst und sich mit breiteren ökonomiegeschichtlichen Zusammenhängen beschäftigt, häufig ungenau argumentiert wird. Anders formuliert: Während der zweite Abschnitt der Arbeit über den entwicklungsökonomischen Ungleichheitsdiskurs überzeugen kann, bieten der erste und dritte Abschnitt in vielerlei Hinsicht Anlass für Kritik.

Das fängt bereits damit an, dass Speich Chassé die ablehnende Haltung der Historischen Schule dafür verantwortlich macht, dass sich die statistische Kategorie des Volkseinkommens in den 1920er-Jahren nicht durchsetzen konnte. Davon abgesehen, dass die Ökonomen, die hier als Kronzeugen angeführt werden (etwa Alfred Amonn), sicher nicht der Historischen Schule zugerechnet werden können, wird dieser Ablehnung eine internationale Wirkmächtigkeit zugestanden. Das ist nun kein veralteter Forschungsstand, sondern der Autor „erfindet“ hier gewissermaßen einen ganz neuen. Selbst die wenigen Autoren, welche die deutsche Nationalökonomie in den 1920er-Jahren noch durch die Historische Schule dominiert sehen, machen sie im Gegenteil dafür verantwortlich, dass Erstere gerade den Anschluss an internationale Entwicklungen verlor.

Während Speich Chassé das genauso befruchtende wie irritierende Verhältnis von Konjunkturtheorie und -statistik in den 1920er- und 1930er-Jahren weitgehend außen vor lässt, wird wie bei Lepenies der Darstellung der Beiträge von Kuznets und Clark breiter Raum eingeräumt. Im Gegensatz zu Lepenies jedoch wird die Bedeutung der Weltwirtschaftskrise, die nicht nur zu einer Ausweitung und Neufokussierung der statistischen Arbeiten, sondern auch zu einer veränderten Wahrnehmung der wirtschaftspolitischen Rolle und Verantwortung des Staates führte, systematisch vernachlässigt. Erst vor dem Hintergrund der Großen Depression wird jedoch verständlich, warum das Volkseinkommen als „big number“ eine solche Bedeutung gewinnen konnte. Dann aber drängt sich die Frage auf, ob die veränderte wirtschaftspolitische Rolle des Staates nicht als notwendige Voraussetzung für die entwicklungspolitischen Diskurse seit den 1950er-Jahren behandelt werden muss.

Nur indem die Weltwirtschaftskrise vernachlässigt wird kann der Autor zudem behaupten, die Makroökonomie sei seit ihrer Entstehung in den 1940er- (nicht 1930er-?) Jahren wesentlich eine Wachstumstheorie gewesen. Diese Aussage ist jedoch nicht allein zu pauschal, sie verkennt auch, dass es John Maynard Keynes, der für die Entwicklung der Makroökonomie eine entscheidende Rolle spielte, in erster Linie um Krisenintervention ging. Als Wachstumstheorie etablierte sie sich erst, als die keynesianischen Rezepte „funktionierten“, also vor allem die nach dem Zweiten Weltkrieg allgemein befürchtete Krise nicht eintrat.

Der zweite Abschnitt über den entwicklungsökonomischen Ungleichheitsdiskurs ist, wie gesagt, am besten gelungen und versöhnt mit der Arbeit. Hier ist auch die empirische Grundlage solide. Im dritten Abschnitt gerät das Buch jedoch wieder auf Abwege, wobei eine detaillierte Kritik an dem Konzept einer „Wissensgeschichte der Ökonomie“ bei der Vielzahl an Themen und Problemen, die der Autor anschneidet, schon aus Platzgründen nicht erfolgen kann. Es soll lediglich umrissen werden, worin meines Erachtens die grundlegenden Probleme des Konzeptes bestehen.

Zunächst trifft Speich Chassés Behauptung, das Konzept der „positive economics“ sei in England in der Zwischenkriegszeit von Lionel Robbins erstmals formuliert worden (S. 234), so nicht zu. Es lässt sich vielmehr bereits auf die methodischen Fundierungen im Zuge der Etablierung des Marginalismus im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zurückführen. Wenn diese Behauptung aber zweifelhaft ist, gibt die Arbeit keine befriedigende Antwort auf die Frage, warum sich genau dieses Verständnis der Ökonomie als Wissenschaft innerhalb der Disziplin zu diesem Zeitpunkt durchsetzte.

Der Autor führt diesen Wandel in letzter Konsequenz auf die Nützlichkeit des Konzepts von Robbins zurück, der damals im Übrigen noch das „enfant terrible“ der britischen Ökonomie und weit entfernt von der Autorität etwa eines Keynes war. Zwar wird später auf verwandte Aussagen von Ragnar Frisch, Milton Friedman oder Joseph Schumpeter eingegangen, jedoch fungieren diese hier lediglich als Verstärker eines Selbstverständnisses, das in erster Linie der Disziplin selbst zum Vorteil gereichte: Die Zugangsschranken zum wissenschaftlichen Diskurs wurden erhöht und es entwickelte sich ein universaler methodischer Baukasten, der mit der statistischen Erfassung der Wirtschaft kompatibel war. Das hatte aber bereits Gustav Schmoller in seiner Berliner Rektoratsrede 1897 für die Historische Schule behauptet, und nach dieser Logik könnten die Ökonomen heute immer noch dickleibige historische Abhandlungen schreiben statt dünner, mit Formeln gesättigter „papers“.

Was an dieser Stelle fehlt, ist die Rückbindung der Entwicklung des ökonomischen Denkens an die Disziplingeschichte wie auch an die Wirtschaftsgeschichte. Denn bereits der Erste Weltkrieg führte zu einer verstärkten Festlegung der Ökonomie auf die Rolle als Selbstreflexionssystem der Wirtschaft und damit in letzter Konsequenz auf Praxisbezug. Das wurde endgültig manifest im Zuge der Weltwirtschaftskrise, die zwar einerseits ökonomische Wissensbestände problematisierte, andererseits aber deutlich machte, wie sehr die Gesellschaft von wissenschaftlicher Expertise abhängig war, die zu eindeutigen Handlungsanweisungen führte. Auch in dieser Hinsicht bleibt festzustellen, dass die Große Depression die Blindstelle der Arbeit darstellt. Hinzu kommt, dass Speich Chassé insgesamt den Fachdiskurs als äußerst monolithisch darstellt, was eine Projektion des heutigen Mainstreams auf frühere Zeiten ist. Dabei war die Diskussion bis weit in die 1950er-Jahre genau das Gegenteil davon und gerade die „Verengung“ des Gegenstandsbereichs der Ökonomie, auf die der Autor rekurriert, wird erst bei der Betrachtung fachinterner Aushandlungsprozesse erklärbar. Von diesen ist aber hier so gut wie nicht die Rede. Stattdessen wird hier mit Rekurs auf die „üblichen Verdächtigen“ wie Hayek, Friedman, Frey etc. erstaunlich personenzentriert argumentiert.

Es sind solche Engführungen, einhergehend mit vielen kleineren und größeren Ungenauigkeiten in der Darstellung, welche die vielen anregenden Gedanken des Buches von Speich Chassé überdecken. Insofern können die beiden hier besprochenen Arbeiten tatsächlich als paradigmatisch für die oben angesprochene Segmentierung innerhalb der Geschichte des ökonomischen Denkens angesehen werden. Während das Buch des Ökonomen Lepenies auf einer soliden empirischen Basis in seinen Interpretationen meiner Meinung nach etwas zu „brav“ bleibt, zeigt die Arbeit des Historikers Speich Chassé eine Verbindung aus spannenden Thesen und einer verbesserungswürdigen empirischen Fundierung. Eine kritische Theoriegeschichte muss aber wissen, wovon sie spricht, um eines Tages vielleicht auch innerhalb der Wirtschaftswissenschaften selbst eine Wirkung zu erzielen.

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31.07.2014
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