M. Cebeci: Die deutsch-türkischen Beziehungen

Title
Die deutsch-türkischen Beziehungen in der Epoche Abdülhamids II. (1876-1908). Die Rolle Deutschlands in der türkischen Außenpolitik unter besonderer Berücksichtigung der Bulgarischen, Ägyptischen und Armenischen Frage


Author(s)
Cebeci, Mehmet
Extent
503 S.
Price
€ 34,90
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Mustafa Gencer, Abant Izzet Baysal University

Die deutsch-osmanischen Beziehungen nach dem Berliner Kongress von 1878 werden in der historischen Forschung eher in allgemeinen Werken zur Imperialismusforschung oder in kleineren Beiträgen behandelt.1 Neben deutschsprachigen Imperialismushistorikern melden sich seit zwei Jahrzehnten auch türkische Wissenschaftler mit ihren Forschungen an verschiedenen deutschen Universitäten (Berlin, Bochum, Bamberg, Freiburg etc.) zu Wort und suchen einen Zugang zum Thema, der beide Seiten berücksichtigt und eine einseitige Interpretation des deutsch-osmanischen Verhältnisses vermeidet. Es ist diesen jungen Forschern im Allgemeinen gelungen, sowohl die deutsche als auch – unter Verwendung der osmanischen Quellen und der modernen türkischen Literatur – die osmanische Sicht zu berücksichtigen.3 Ebenso erscheinen in der Türkei in der letzten Zeit neuere Werke zur Zeit des Sultans Abdulhamid II. (1876-1909).2

Die Defizite der deutschsprachigen Forschung zu überwinden, hat sich auch Mehmet Cebeci in seiner kürzlich veröffentlichten Dissertation zum Ziel gesetzt und will die deutsch-türkischen Beziehungen in der hamidischen Periode (1876-1909) und die Rolle Deutschlands in der osmanischen Außenpolitik nach dem Berliner Kongress untersuchen.

In seiner diplomatiegeschichtlich angelegten Arbeit geht er folgenden Fragen nach: Inwieweit waren die Interessen beider Länder auf eine gemeinsame Linie zu bringen? Welche Stellung nahmen Bismarck und Abdulhamid in den politischen Krisen um Bulgarien, Ägypten und Armenien ein, und wie entwickelte sich ihre Haltung im Verlauf der Krise? Anstatt einer Arbeitshypothese und theoretischen Fragestellung zu folgen beschränkt sich der Vf. allerdings auf eine empirische Analyse der internationalen Diplomatie.

Es scheint durchaus fraglich, ob die Regierungszeit Abdulhamids als eine in sich geschlossene „Epoche“ verstanden werden kann. Die in Kapitel 2 und 3 behandelte Bulgarische und Ägyptische Frage (S. 75-156; 157-231) werden auf jeweils etwa 75 Seiten abgehandelt, die Armenische Frage dagegen nimmt etwa 100 Seiten ein (S. 233-328). Die im Untertitel thematisch genau eingegrenzte Arbeit endet in der Tat auf der Seite 328. Die Abhandlung wäre auch ohne das „hinzugefügte“ Kapitel 5 (S. 329-457) abgeschlossen, es hat die Arbeit vor allem an Umfang vergrößert. Die militärischen und wirtschaftlichen Beziehungen sowie Kaiser Wilhelms II. zweiter Besuch im Osmanischen Reich 1898 und das persönliche Verhältnis Abdulhamids zum Kaiser und Deutschland sind bereits weitgehend erforscht.

Der Verfasser scheint seine Literaturrecherche weitgehend 2004/5 abgeschlossen zu haben. Auch wenn er die neueste Literatur nicht benutzt, hat er doch das zur Verfügung stehende Material gründlich berücksichtigt. Die Arbeit basiert hauptsächlich auf Quellen der Yıldız-Arşivi (Yıldız-Collection) des osmanischen Archivs in Istanbul. Eines der Verdienste der Dissertation ist somit der Transfer osmanischer Primärquellen in die deutschsprachige Wissenschaftswelt.

Nach einer knappen Darstellung der deutsch-türkischen diplomatischen und Handelsbeziehungen seit der Frühen Neuzeit beschäftigt sich das Einleitungskapitel mit der politischen Lage des Osmanischen Reiches beim Amtseintritt des Sultans Abdulhamid und mit der Vorgeschichte des Berliner Kongresses. In der im Kapitel 2 behandelten Bulgarischen Frage gestaltete sich Deutschlands Politik im Schatten der Bündniskonstellation mit Österreich-Ungarn und Russland, wobei Bismarck versuchte, die Interessen der beiden Verbündeten in Einklang zu bringen. Im Gegensatz zum Vorfriedensvertrag wurde Großbulgarien mit Anschluss an die Ägäis auf dem Berliner Kongress zu einem wesentlich kleineren tributpflichtigen Bulgarien und einer autonomen Provinz Ostrumelien umgeschaffen. Als 1885 der Aufstand in Ostrumelien ausbrach, war Abdulhamid über den Fortbestand des Reiches besorgt. Er lehnte eine Militärintervention strikt ab. Denn er fürchtete schon zu dieser Zeit ein Balkanbündnis gegen die Türkei, welches im Balkankrieg von 1912 dann Wirklichkeit wurde. Bismarck wollte eine militärische Intervention seitens der Türkei oder Russlands ebenfalls verhindern und die Krise lokal begrenzen. Die Lösung der Bulgarischen Frage wurde durch die Anerkennung der Union von Ostrumelien und Bulgarien durch den Sultan 1886 erzielt. Im Gegenzug wurden Rodop und Kırcaali dem Osmanischen Reich zurückgegeben. Zudem sicherte sich der Sultan dadurch die Unterstützung der bulgarischen Armee gegen Russland. (S. 118)

In der Ägyptischen Frage (Kapitel 3) nahmen Deutschland und die Türkei unterschiedliche Positionen ein. Abdulhamid war sich der Schwäche seiner Herrschaft über Ägypten und der Stärke Englands und Frankreichs in dieser Region bewusst. Währenddessen war Bismarcks Maxime die Erhaltung des Friedens in Europa – auch wenn dies auf Kosten des Osmanischen Reiches ging. Die Interessen der europäischen Großmächte sollten an der Peripherie ausgeglichen werden. Bismarck empfahl England, Ägypten nicht direkt zu besetzen und britische Interessen unter der türkischen Flagge zu verfolgen. Als der Sultan die Unterstützung Deutschlands bezüglich des Abzugs britischer Truppen aus Ägypten sichern wollte, äußerte er sich gegenüber dem Sondergesandten Ahmed Muhtar Pascha 1883, dass die Türkei in dieser Sache direkt mit England verhandeln müsse. Auch die letzten Verhandlungen zum Abzug der britischen Truppen 1893 hatten zu keinem Ergebnis geführt. Die Türkei verzichtete jedoch bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht auf die Hoheitsrechte über Ägypten.

Der Autor weist zwar auf Abdulhamids Besorgnis über nationalistische und separatistische Tendenzen in Ägypten und Syrien hin, es fehlt aber hier und in der ganzen Arbeit eine Diskussion des Nationalismus-Konzepts. Ohne diesen Bezug kann auch die nachfolgende Armenische Frage nicht gebührend analysiert werden.

Das relativ lange Kapitel 4 (S. 233-327) geht der Armenischen Frage während der Regierung Abdulhamids nach. In den dem Berliner Kongress vorausgegangenen binationalen Abkommen (Artikel 16 des Präliminärfriedens von San Stefano zwischen Russland und dem Osmanischen Reich vom 3. März 1878 sowie Artikel 1 der Zypern-Konvention zwischen England und dem Osmanischen Reich vom 4. Juni 1878) verpflichtete sich die osmanische Regierung, Reformen in den von Armeniern bewohnten Gebieten durchzuführen. (S. 235, 239). Abdulhamid sah jedoch die Reformforderungen seines einst „getreuen Volkes“ (millet-i sadıka) als eine Bedrohung für den Fortbestand seines Reiches an. Um auf die Verantwortung Abdulhamids für die Übergriffe auf die Armenier unter seiner Herrschaft hinzuweisen, wurde ihm der Beiname Kızıl Sultan (Roter bzw. Blutiger Sultan) gegeben.4

Entgegen den Autonomieforderungen der armenischen Delegation in Berlin wurden die Reformen im Schlussakt unter die Garantie aller Signatarmächte gestellt. Während Bismarck dem Sultan in der Bulgarischen und Ägyptischen Frage die erhoffte Unterstützung nicht gewährte, war er in der Armenischen Frage anderer Meinung. Auf das Drängen Englands zur Reform empfahl er der Türkei, die Sache dilatorisch zu behandeln und die Lebensbedingungen aller Untertanen zu verbessern. Nur eine stabile Türkei konnte nach Bismarck zum Erhalt des europäischen Friedens beitragen.

Kurz nach dem Berliner Kongress begann England, Druck auf die osmanische Regierung zur Verwirklichung der „armenischen Reform“ auszuüben. Als die Signatarmächte am 11. Juni 1880 durch voneinander getrennte Noten Informationen über die Umsetzung der Reformen verlangten, berichtete die Hohe Pforte, dass die Reformen bereits eingeleitet seien. Der Sultan kritisierte, dass die Provinzen Van, Diyarbekir, Bitlis, Erzurum und Sivas Teile des „armenischen Gebietes“ genannt wurden. In ihrer Antwort an die Mächte beklagte die Hohe Pforte die Wortwahl und nannte dieses Gebiet „Kurdistan“. Der Autor bemerkt, dass das Wort „Kurdistan“ in diesem Dokument von einem türkischen Historiker mit „Türkistan“ bzw. „Anadolu“ verwechselt wurde.

Von den blutigen „armenischen Auseinandersetzungen“ in Anatolien werden folgende Ereignisse dargelegt: die armenischen Aufstände im Herbst 1894 in Sasun, die Demonstration von Kumkapi-Istanbul am 30. September 1895, das Ereignis von Zeytun (Maras) vom 24. Oktober 1895 bis 28. Januar 1896 und die Besetzung der Osmanischen Bank am 26. August 1896. Allerdings wird die Zusammenarbeit der Armenier mit der jungtürkischen Opposition in der Arbeit nicht berücksichtigt. Der Verfasser beschränkt sich bei der Behandlung dieser Vorfälle auf das Wesentliche, verzichtet auf detaillierte Ausführungen und inhaltliche Auseinandersetzungen, konzentriert sich eher auf die diplomatischen Aktionen der Großmächte und die Gegenreaktion der Pforte. Nicht die Vorfälle selbst stehen im Mittelpunkt, sondern die internationale Reaktion darauf.

Mit dem ersten Aufstand von Sasun fürchtete der Sultan, dass die Orientalische Frage wieder auf die Tagesordnung käme. Er war auf keinen Fall bereit, Kompromisse einzugehen. Gegenüber dem deutschen Botschafter äußerte er sich, dass er eher sterben würde, als dem ungerechten armenischen Reformdruck nachzugeben (S. 287). Die Gegenmaßnahmen der Pforte auf den von der Daschnaksutyun-Partei organisierten Überfall auf die Osmanische Bank 1896 wurden in der Kollektivnote der Botschafter der sechs Signatarmächte als eine „systematisch organisierte Aktion der türkischen Volksbanden“ bezeichnet. Es wäre eine lohnende Aufgabe diese Ereignisse genauer unter die Lupe zu nehmen. (S. 317ff.) Somit lassen sich eventuell in dieser Vorphase der Armenischen Frage brauchbare Erklärungsansätze für die Ereignisse im Ersten Weltkrieg finden. Dies würde auch die bislang eher zögerliche Erforschung der Armenischen Frage unter Abdulhamid voranbringen.5

Im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Reformprojekt der europäischen Mächte vom 11. Mai 1895 äußerte der Sultan, dass der Bevölkerungsanteil der Armenier nirgends mehr als 3-4 Prozent betrage. Vielerorts sei auch die Zahl der Muslime nicht genau feststellbar. Die Armenier hätten falsche Angaben zu ihrer Zahl gemacht und diese übertrieben. Allerdings hatte der Sultan selbst kein großes Interesse an einer lückenlosen Volkszählung. (S. 299). Nachdem die europäische Botschafternote von der osmanischen Regierung am 20. Oktober 1895 akzeptiert worden war, brachen paradoxerweise armenische Aufstände an vielen Orten Anatoliens los (S. 327). Die Gründung der Hamidiye-Regimenter nach 1890 als Gegenmaßnahme Abdulhamids wird knapp behandelt.6 Auch reagierte der Sultan empört auf deutsche Kolonisationspläne in Anatolien. Dem Plan der Ansiedlung deutscher Kolonisten entlang der Bagdadbahnlinie erteilte er eine klare Absage. Anatolien bezeichnete er als letzten Zufluchtsort für Muslime, der auf jeden Fall verteidigt werden müsse. (S. 478f.)

Das letzte Kapitel 5 über die bilateralen wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen enthält einmal Detailinformationen über das Wirken Josef Wettendorfs als Unterstaatssekretär im osmanischen Finanzministerium nach dem Juli 1880 und zur Arbeit Emil Bertrams für die Reformierung des Zollsystems und beim Zustandekommen des deutsch-osmanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages vom 26. August 1890. (S. 404)

Bei der Reformarbeit deutscher Berater blieb die erhoffte Unterstützung seitens der Ministerialbeamten und Bürokraten meistens aus. Erst die direkte Beschwerde beim Sultan über die Verzögerungstaktik und das Desinteresse zeigte Wirkung. Im Falle Wettendorfs kostete die persönliche Intervention den Finanzminister Suphi Pascha (1880-1881) seinen Posten. Diese und andere Geschehnisse zeigen, wie schwierig die Reformarbeit deutscher Beamter und Fachleute war und unter welchen Bedingungen sie ablief.

Eine Stärke der Arbeit bildet der bisher vernachlässigte Aspekt der deutsch-türkischen militärischen Bildungsbeziehungen. Anhand des osmanischen Archivmaterials werden auch die türkischen Offiziere in Deutschland gründlich thematisiert (S. 356-387). Die Idee dazu kam von der deutschen Militärmission als Teil ihres Reformkonzepts. Es werden Detailinformationen über die Auswahl, Ausbildung, Karriere, den Aufenthalt und das künftige Wirken türkischer Offiziere gegeben, die in Deutschland geschult wurden. Zum ersten Mal in der osmanischen Geschichte wurden Offiziere planmäßig nach Deutschland geschickt.

Die Motive und das Handlungsgerüst Abdulhamids lassen sich in dem vorliegenden Buch genau nachvollziehen. Im Mittelpunkt des Regierungsgeschäfts stand der Sultan selbst. Allein er entschied in außenpolitischen Fragen, selbstbewusst und definitiv. Zur Lösung der Probleme bildete er Kommissionen, ließ die Sache eingehend beraten, sandte souverän Delegationen oder Sondermissionen in die europäischen Hauptstädte, konsultierte seine Diplomaten, rief europäische Botschafter in Konstantinopel zu sich. Er urteilte eigenverantwortlich und setzte seine Entschlüsse auch gegenüber seinen eigenen Bürokraten durch. Nicht immer folgte er dem Rat seiner Berater und den Empfehlungen der Kommissionen. Dabei entließ er seine Großwesire und berief sie auch wieder ins Amt. Beispielsweise war Mehmed Kamil Pascha insgesamt vier Mal Großwesir (S. 205).

Der Leser erfährt viel über die Beziehungen Adulhamids zu den Herrschern in London, Paris, Petersburg, Wien und Berlin. Er scheute sich nicht, sich immer wieder an Bismarck direkt zu wenden, falls er es für den Gang der Dinge und für die politische Entscheidung für nötig erachtete. Leitfigur der amtlichen Geschäfte war der Sultan selbst. Sowohl in der Bulgarischen wie auch in der Ägyptischen Frage akzeptierte er keine militärischen Optionen. Diesbezüglichen Ratschlägen seiner Berater, Diplomaten, Mitglieder der Militärmission usw. kam er nicht nach, suchte weiterhin diplomatische Lösungen und fand sie entweder im Rahmen einer Neueinschätzung der Lage oder ließ das Problem ungelöst, bis die Situation für ihn vertretbare Wege ebnete. In der Ägyptischen Frage betrachtete er letztendlich die Nichtlösung des Problems als eine Lösung, weil die Dinge nicht in seinem Sinne zum Abschluss gebracht werden konnten.

Ein wichtiges und in der Forschung bisher nur flüchtig behandeltes Thema ist sicherlich das Bündnisangebot des Sultans an Deutschland und Österreich-Ungarn. Der Sultan war sehr daran interessiert, in der schwierigen Lage nach dem osmanisch-russischen Krieg Verbündete unter den europäischen Staaten zu haben. Im Dezember 1881 schickte er Ali Nizami Pascha und seinen Privatsekretär Reşid Bey nach Deutschland und bot Bismarck ein Bündnis an, das der der Reichskanzler indessen nicht akzeptierte. Auf seine Empfehlung hin unterbreitete die Sondermission auf der Rückreise im Januar 1882 auch ein Bündnisangebot an Österreich-Ungarn, das ebenfalls ausgeschlagen wurde. Beide Länder lehnten mit der Begründung ab, dass die Interessen des Osmanischen Reiches praktisch nicht zu verteidigen seien. Durch seine Arbeit ergänzt der Verfasser die vorliegenden Forschungsergebnisse bzw. revidiert sie. Anders als die in der Sekundärliteratur verbreitete Meinung, die türkische Delegation habe Bismarck ein Offensivbündnis gegen Frankreich angeboten oder habe aufgrund des Auftretens Bismarcks das Angebot nicht zur Sprache gebracht und die Mission sei erfolglos gewesen, war Ali Nizami Pascha nach den osmanischen Quellen mit dieser Unterredung sehr zufrieden und betrachtete seine Mission als durchaus erfolgreich. (S. 66-69).

Wie in der vorliegenden Arbeit ausführlich dargestellt, ging der Sultan an die zentralen außenpolitischen Fragen seiner Zeit mit meisterhafter Diplomatie heran, verfolgte die internationale Politik genauestens, passte seine Position gegenüber seinen Konkurrenten den politischen Konjunkturen an. Der Autor konzentriert sich jedoch primär auf die Frage, wie Abdulhamids Machtausübung aussah. Abdulhamids außenpolitische Bemühungen, seine Hinwendung zum Deutschen Reich, seine Schachzüge zur Vermeidung internationaler Koalitionen und Kriege gegen das Osmanische Reich sowie seine Vorsicht gegenüber den Großmächten, die große Bedeutung der Diplomatie – all das war auf Abdulhamids oberstes Ziel ausgerichtet: die osmanische Dynastie und den osmanischen Staat unter widrigsten Bedingungen zu erhalten, was ihm bis zu seiner Entmachtung auch weitgehend gelang.

Anmerkungen:
1 Wolfgang Justin Mommsen, Ägypten und der Nahe Osten in der deutschen Außenpolitik 1870-1914, in: ders. (Hrsg.), Der autoritäre Nationalstaat, Verfassung, Gesellschaft und Kultur des deutschen Kaiserreiches, Frankfurt am Main 1990, 140-181; Gotthold Rhode, Berliner Kongreß und Südosteuropa, in: Walter Althammer, Werner Gümpel (Hrsg.), Südosteuropa im Entwicklungsprozeß der Welt, München 1979; Imanuel Geiss (Hrsg.), Der Berliner Kongreß 1878. Protokolle und Materialien, Boppard am Rhein 1978; Roderic H. Davison, The Ottoman Empire and the Congress of Berlin, in: Ralph Melville, Hans-Jürgen Schröder (Hrsg.), Der Berliner Kongreß von 1878: die Politik der Großmächte und die Probleme der Modernisierung in Südosteuropa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Wiesbaden 1982, 205-223.
2 Beispielsweise können hier einige Doktorarbeiten genannt werden: Mehmet Beşirli, Die europäische Finanzkontrolle im Osmanischen Reich in der Zeit von 1908 bis 1914: die Rivalitäten der britischen, französischen und deutschen Hochfinanz und der Diplomatie vor dem ersten Weltkrieg am Beispiel der türkischen Staatsanleihen und der Bagdadbahn, Berlin 1999; Necmettin Alkan, Die deutsche Weltpolitik und die Konkurrenz der Mächte um das osmanische Erbe: die deutsch-osmanischen Beziehungen in der deutschen Presse 1890-1909, Münster 2003; Akşin Somel, Das Grundschulwesen in den Provinzen des Osmanischen Reiches während der Herrschaftsperiode Abdülhamid II. (1876-1908), Bamberg 1993; Fahri Türk, Die deutsche Rüstungsindustrie in ihren Türkeigeschäften zwischen 1871 und 1914: die Firma Krupp, die Waffenfabrik Mauser und die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken; ein Beitrag zu deutsch-türkischen Beziehungen, Frankfurt am Main 2007; Mustafa Gencer, Nationale Bildungspolitik, Modernisierung und kulturelle Interaktion: Deutsch-türkische Beziehungen (1908-1918), Münster 2002; Mustafa Gencer, Imperialismus und die Orientalische Frage. Deutsch-türkische Beziehungen (1871-1908), Ankara 2006.
3 Abdulhamit Kırmızı, Abdülhamid'in valileri. Osmanlı vilayet idaresi 1895-1908 [Abdulhamids Gouverneure und die osmanische Provinzverwaltung], İstanbul 2007; Orhan Koloğlu, Avrupa kıskacında Abdülhamit, [Abdülhamit unter der Klemme Europas], İstanbul1999; Selim Deringil, İktidarın sembolleri ve ideoloji: II. Abdülhamid dönemi (1876-1909) [The well-protected domains. Ideology and the legitimation of power in the Ottoman empire, 1876-1909], İstanbul 2002; Abdülhamid Dönemi ve Birinci Meşruiyet [Ära Abdulhamid und der Erste konstitutionellen Periode], Ankara 2002.
4 Sultan Abdulhamid II. gehört zu den umstrittensten Herrschern in der osmanischen Geschichte. Die Meinungen über ihn und seine Regierung weichen so sehr voneinander ab, dass eine gemeinsame Linie kaum zu finden sein dürfte. Der Beiname „Le Sultan Rouge“ wurde von dem französischen Historiker Albert Vandal in seinem 1897 in Paris veröffentlichten Buch „Les Arméniens et la Réforme de la Turquie“ benutzt. Die Bezeichnung wurde sowohl von Armeniern wie auch von oppositionellen Intellektuellen verwendet, um ihrer eigenen Kritik an der Regierung Abdulhamids Ausdruck zu verleihen, siehe dazu: Ruth Haerkötter, Sultan Abdülhamit II. in der türkischen Publizistik seit der Gründung der Republik. Vom kemalistischen Feindbild zur Symbolfigur national-religiöser Kreise, Frankfurt am Main 1996, S. 20.
5 Der Verfasser bemängelt auf S. 234 die Forschungsliteratur zur Armenischen Frage unter Abdulhamid. Die Arbeiten von Esat Uras und Mehmed Hocaoğlu versuchen die Handlungen der türkischen Behörden zu rechtfertigen, liefern aber kaum ein Gesamtbild der Ereignisse. Sie enthalten dennoch viele zeitgenössische Dokumente. Ali Karaca hingegen kritisiert diese Quelleneditionen wegen der unschlüssigen Zitierweise und Belegung. Ali Karaca, Anadolu Islahatı ve Ahmet Şakir Paşa (1839-1899), Istanbul 1993, S. 12.
6 Auch zu diesem Thema gibt es Nachholbedarf, siehe hierzu: Hendrik Fenz, Hamidiye Milizen. Grenzland außer Kontrolle, in: Hendrik Fenz (Hrsg.), Strukturelle Zwänge, Persönliche Freiheiten. Osmanen, Türken und Muslime: Reflexionen zu gesellschaftlichen Umbrüchen, Berlin 2009, S. 105-126.

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18.02.2011
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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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