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Fachforum zur Geschichte des kulturellen Transfers und der transnationalen Verflechtungen in Europa und der Welt

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Das Historische Buch 2004


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Prof. Dr. Peter Funke

Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Curriculum Vitae

18.3.1950 geboren in Rheine / Westfalen (Deutschland)

1957 - 1961 Besuch der Volksschule in Rheine

1961 - 1969 Besuch des altsprachlichen Gymnasiums Dionysianum in Rheine

1969 - 1974 Studium der Geschichte und Germanistik an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster

1974 1. Philologische Staatsprüfung in den Fächern Geschichte und Germanistik in Münster

1975 - 1978 Verwalter einer wissenschaftlichen Assistentenstelle an der althistorischen Abteilung des Instituts für Altertumskunde der Universität zu Köln; Fortsetzung des Studiums in den Fächern Geschichte, Archäologie und Germanistik

1978 Promotion mit der Arbeit "Homónoia und Arché. Untersuchungen zur attischen Politik vom Ende des Peloponnesischen Krieges bis zum Königsfrieden (404/3 - 387/6 v.Chr.)" in der Philosophischen Fakultät der Universität Köln

1978 - 1985 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Altertumskunde - Abt. Alte Geschichte - der Universität zu Köln

1979 - 1981 gleichzeitig Vertretung des Faches Alte Geschichte an der Universität-GHS-Siegen (im Rahmen eines Lehrauftrages)

1985 Habilitation im Fach Alte Geschichte durch die Philosophische Fakultät der Universität zu Köln mit einer Arbeit über die "Geschichte und Struktur des Aitolischen Bundes"

1985 - 1988 C3-Professor für Alte Geschichte an der Universität-GHS-Siegen

seit 1988 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Inhaber des Lehrstuhls (C 4) für Alte Geschichte und Direktor des Seminars für Alte Geschichte und des Instituts für Epigraphik sowie Leiter der Forschungsstelle "Historische Landeskunde des antiken Griechenland" und der Arbeitsstelle "Griechenland" im Seminar für Alte Geschichte

seit 1988 Mitglied der Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik des Deutschen Archäologischen Instituts

1989 Wahl zum Ordentlichen Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts

1990 - 1994 Prorektor für Lehre und studentische Angelegenheiten der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

1990 - 1992 Fachvertreter für Alte Geschichte im Ausschuss des Verbandes der Historiker Deutschlands

1992 - 2000 2. Vorsitzender des Verbandes der Historiker Deutschlands

seit 1992 Vorsitzender der Fachkommission Geschichte der Landesrektorenkonferenz NRW

seit 1993 Vertrauensdozent des Cusanus-Werkes

1993 - 1996 Vorsitzender der "Gemeinsamen Studienreformkommission" des Landes Nordrhein-Westfalen

1995 - 1996 Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Neue Medien in der Hochschullehre" der Hochschulrektorenkonferenz

seit 1995 DFG-Vertrauensdozent der Universität Münster

1996-2004 DFG-Fachgutachter (Alte Geschichte) und Fachausschussvorsitzender (Altertumswissenschaften); (bis 1998 stellvertretender Fachgutachter)

1997 Wahl zum Mitglied der Internationalen Akademie der pädagogischen Wissenschaften (Moskau)

seit 1997 Mitglied der Kommission für Finanz- und Personalangelegenheiten der Universität Münster

1998 - 2000 Mitglied des Konvents der Westfälischen Wilhelms-Universität

1999 Ablehnung eines Rufes auf den Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Ludwig-Maximilian-Universität München

1999 - 2001 Mitglied der Fachkommission "Geschichte" der deutschen Kultusministerkonferenz (KMK)

seit 2000 stellvertr. Vorsitzender des DFG-Fachausschusses 107 "Altertumswissenschaften"

seit 2000 Mitglied des Beraterausschusses der Landesregierung NRW für die Verleihung des Titels "Professor(in)".

seit 2001 Mitglied des DAAD - Vergabeausschusses für den deutsch-italienischen Wissenschaftleraustausch (Vigoni-Programm)

2001 - 2002 Mitglied der Verfassungskommission der Westfälischen Wilhelms-Universität

seit 2003 Mitglied der Arbeitsgruppe ‚Geisteswissenschaften’ des Wissenschaftsrates

2004- 2005 Sprecher des DFG-Fachkollegiums ‚Alte Kulturen’

seit 2004 1. Vorsitzender des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands

seit 2004 Adviser der German-Israeli-Foundation

seit 2005 Mitglied des Senats und des Hauptausschusses der DFG

Forschungsschwerpunkte und Forschungsprojekte

Geschichte der griechischen Staatenwelt von der mykenischen bis zur römischen Zeit

Im Zentrum dieser Forschungen steht derzeit die Arbeit am Band 2 "Die klassische Zeit" des "Handbuchs der Altertumswissenschaften" (Reihe III: Griechische Geschichte). Darüber hinaus arbeite ich seit 1995 in der internationalen Forschergruppe des "Copenhagen Polis Centre" zur Erforschung der Geschichte der griechischen Poleis in archaischer und klassischer Zeit.

Antike Verfassungsgeschichte

Einen besonderen Schwerpunkt bildet hier die Erforschung bundesstaatlicher und staatenbündischer Phänomene in der griechischen Staatenwelt der klassischen und hellenistischen Zeit.

Antike Religionsgeschichte

Im Zentrum steht hier die Beschäftigung mit dem Verhältnis von Religion und Herrschaft. In diesem Zusammenhang leite ich im Rahmen des SFB 493 "Funktionen von Religion in antiken Gesellschaften des Vorderen Orient" das Teilprojekt C1 "Politische und wirtschaftliche Funktionen überregionaler Heiligtümer in der griechisch-römischen Staatenwelt".

Historische Geographie und Landeskunde der antiken Welt

Den Schwerpunkt dieses Forschungsbereiches bildet die historisch-topographische und archäologische Erforschung der nordwestgriechischen Landschaft Akarnanien. Hier leite ich seit 1992 gemeinsam mit Fachkollegen der Uni Freiburg, der HU Berlin, des deutschen Archäologischen Instituts und der griechischen Altertümerverwaltung in Patras (GR) umfangreiche Feldforschungsarbeiten. Darüber hinaus werden z. Zt. die bisher unpublizierten Inschriften dieser Region für die Publikation vorbereitet.

Fragen zur historischen Forschungslandschaft und zu aktuellen Debatten

2. a) Wie kamen Sie zur Geschichtswissenschaft? Was hat Sie motiviert, Geschichte zu Ihrem Beruf zu machen?

Das Interesse an der Geschichte und insbesondere an der Alten Geschichte (unter Einschluss der anderen altertumswissenschaftlichen Teildisziplinen und hier vor allem der Archäologie) wurde bereits in der Schule geweckt und während des Studiums glücklicherweise auch nicht wieder erstickt, sondern durch einen universitären Unterricht gefördert, der er es mir ermöglichte, noch ungehindert durch allzu starre Studien- und Prüfungsordnungen schon sehr früh auch an Forschungsunternehmungen teilzuhaben. Dass ich dann die Geschichte zu meinem Beruf machen konnte, und zwar an der Universität und nicht - wie zunächst vorgesehen - an einem Gymnasium (als Lehrer), habe ich vornehmlich (für mich) glücklichen Umständen zu verdanken, da mir zur rechten Zeit (unmittelbar nach dem Staatsexamen) eine Assistentenstelle angeboten wurde. Eine solche Stelle war während meiner Studienzeit im Bereich der Alten Geschichte, in dem es damals noch keine Drittmittelstellen in nennenswertem Umfang gab, die einzige Chance, zwar befristet, aber doch längerfristiger an der Universität zu verbleiben.

2. b) Die Geschichtswissenschaften haben in den zurückliegenden Jahrzehnten zahlreiche Erweiterungen und Neuorientierungen der Frageansätze und Forschungsperspektiven erfahren. Welche halten Sie für die interessanteste und folgenreichste?

Die Dominanz sozioökonomischer Fragestellungen hatte in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einer insgesamt wenig zuträglichen Polarisierung von "politischer Geschichte" und "Sozial- und Wirtschaftsgeschichte" geführt. Dass dieser Gegensatz zugunsten einer mehr ganzheitlichen, die kausalen Verknüpfungen zwischen den einzelnen Teilaspekten wieder stärker betonenden Sicht überwunden wurde, ist für mich die wohl folgenreichste Neuorientierung der vergangenen beiden Jahrzehnte, auch wenn die Debatte zum Teil Gefahr läuft, unter dem Deckmantel eines kulturgeschichtlichen oder auch kulturwissenschaftlichen Diskurses ins Grenzlosen - sprich: Konturenlose - abzugleiten.

2. c) Sehen Sie Forschungsfelder, denen man künftig mehr Aufmerksamkeit widmen sollte?

Zumindest im Bereich der Alten Geschichte - aber wohl auch in den übrigen epochalen Teildisziplinen - erscheint mir u. a. eine stärkere Berücksichtigung juristischer und rechtshistorischer Perspektiven wünschenswert. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftspolitischer Debatten ist eine intensivere Beschäftigung mit dem Spannungsgefüge zwischen Gesellschaften und ihrer (im weitesten Sinne) "Verfassung" und der Ausbildung und Wahrung von Recht / Rechtsnormen notwendig.

2. d) Mit der im Juni 1999 in Bologna verabschiedeten "Gemeinsame Erklärung der Europäischen Bildungsminister" wurde ein Reformprozess initiiert, der die Hochschulreformdebatten und -planungen nicht nur in Deutschland, sondern in den meisten europäischen Ländern bestimmt. Im Rahmen von "Bologna" werden seither Harmonisierungs- und Koordinierungsstrategien vor allem hinsichtlich eines koordinierten Systems vergleichbarer und transparenter Abschlüsse, der Qualitätssicherung bzgl. der Studienabschlüsse und -organisation, aber auch eine Förderung der "europäischen Dimension" in inhaltlicher Hinsicht (Hochschulcurricula und Forschungskooperationen) verfolgt. Sechs Jahre nach "Bologna" entfalten die Reformen an den Universitäten und in den Studiengängen ihre eigene Dynamik und Wirkungsmächtigkeit. Wie beurteilen Sie vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen diesen Reformprozess und welche Folgen erwarten Sie für die historische Ausbildung an Ihrer Universität?

Chancen und Risiken der gegenwärtigen Neustrukturierung der Studiengänge sind derzeit noch nicht mit aller Konsequenz abzuschätzen. Man wird zwar nicht in Abrede stellen können, dass es den bisherigen Magister-Studiengängen vielfach an einer klaren Strukturierung mangelte und dass darüber hinaus die (politisch ausdrücklich gewollte) Steigerung der Studierendenzahlen die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für ein Geschichtsstudium grundlegend verändert hat; gleichwohl bleiben doch Zweifel, ob die derzeitigen ministeriellen Vorgaben des Bundes und der Länder geeignet sind, für den zweifellos vorhandenen Änderungsbedarf angemessene Lösungen zu bieten. Der Erfolg der neuen Studiengänge wird entscheidend davon abhängen inwieweit es gelingt, die derzeit zum Teil katastrophalen Betreuungsrelationen entscheidend zu verbessern und vor allem auch ein soziales Sicherungssystem für die Studierenden zu entwickeln, das sie instand setzt, die gesamte ihnen zur Verfügung stehende Zeit auf das Studium zu verwenden. Gerade in diesen Punkten bin ich allerdings nicht sehr zuversichtlich. Darüber hinaus werden die neuen Studiengänge nur dann erfolgreich sein können, wenn auch die bisherigen Standards (schon in der BA-Phase z.B. Kenntnis wenigstens dreier Fremdsprachen, Möglichkeit von Auslandsaufenthalten) gewahrt bleiben. Es erscheint mir daher bedenkenswert, die Einführung einer zweisemestrigen Orientierungsstufe - dem BA-Studiengang vorgeschaltet - zu fordern.

3. Stellen Sie bitte Ihren persönlichen Favoriten unter den historischen Büchern des Jahres 2004 kurz vor und erläutern Sie Ihre Wahl. (15-20 Zeilen.)

Die im Jahre 1996 mit dem „Preis für hervorragende Leistungen des wissenschaftlichen Nachwuchses“ ausgezeichnete und 2004 in einer überarbeiteten Buchform vorliegende Untersuchung „Nachbarschaft und Dorfgemeinschaft im archaischen und klassischen Griechenland“ ist in diesem Jahr mein eindeutiger Favorit. Schmitz hat mit seiner Arbeit einen Ausgang aus der Sackgasse gewiesen, in die die Erforschung der griechischen Sozialgeschichte geraten war. Er kann grundlegend neue Perspektiven aufzeigen, indem er sich auf der Suche nach Gemeinschaftsbewusstsein aus der einseitigen Fixierung auf den griechischen Adel löst und den Blick verstärkt auf die Schicht der nichtadeligen Bauern richtet, deren gesellschaftlichen und politischen Interaktionsrahmen er in das Zentrum seiner Untersuchung stellt. Nachbarschaft und Dorfgemeinschaft dienen dabei als Schlüsselkategorien und werden als entscheidende soziale Konfigurationen für die Vergesellschaftung in der griechischen Archaik aufgefaßt. Es gelingt so, die archaische Gesellschaft außerhalb der Adelswelt schärfer zu konturieren und das Bild einer sehr differenzierten dörflichen Gemeinschaft zu entwerfen. Winfried Schmitz entwickelt in diesem Zusammenhang das „Modell einer zweigeteilten Gesellschaft“ und löst auf diese Weise die bäuerliche Schicht aus der Abhängigkeit vom Adel und weist ihr einen besonderen eigenständigen Stellenwert im Rahmen des Vergesellschaftungsprozesses der archaischen Zeit zu.
Ein besonderes Verdienst der Arbeit ist es, durch die Anwendung von Methoden und Interpretationsansätzen auch aus den Nachbardisziplinen - insbesondere aus der Volkskunde, der Agrarsoziologie und der historischen Sozialanthropologie - aus dem überaus spröden und disparaten Quellenmaterial ein bäuerliches Werte- und Normensystem als eigenständiges soziales Bezugssystem herausdestilliert zu haben. Zu Recht stellt Winfried Schmitz die besondere Bedeutung dieses bäuerlichen Regelsystems für die Ausbildung der frühen Polisverfassung heraus und verweist in diesem Zusammenhang vor allem auf den herausragenden Stellenwert der Rügegebräuche und Schandstrafen. Als gemeinschaftsstiftende Regulative und zugleich auch als Zwangsmittel zur Einhaltung der Regeln der bäuerlichen Solidargemeinschaft geben die Rügegebräuche wichtige Aufschlüsse über die Entstehung von Vor- und Frühformen von Staatlichkeit.
Winfried Schmitz hat mit seiner Arbeit ein solides Fundament für eine neue Sicht der sozialen und staatlichen Entwicklung nicht nur im Griechenland der archaischen und klassischen Zeit gelegt. Ausgehend von der Alltags- und Familiengeschichte hat er neue Deutungsmuster für die Grundlagen der antiken Politik-, Verfassungs- und Rechtsgeschichte entwickelt und von dort eine Brücke geschlagen zur systematischen und historischen Sozialwissenschaft.


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